Weiberherrschaft - Die autehtische Geschichte der körperlichen und seelischen Erlebnisse des Julian Robinson

von: Julian Robinson

CARL STEPHENSON, 2009

ISBN: 9783798603783 , 160 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 4,99 EUR

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Weiberherrschaft - Die autehtische Geschichte der körperlichen und seelischen Erlebnisse des Julian Robinson


 

Ein Abend


Als ich auf mein Zimmer kam, um den kurzen Rock, der für das Tennisspiel, doch nicht für die Tändeleien in Mademoiselles Boudoir geeignet war, durch einen bequemen Teagown zu ersetzen, drängten sich mir unnachsichtlich Erinnerungen an jenen Abend auf, wo ich den schönen vollen Busen Beatrices gesehen hatte, an jenen Abend, wo sie das ausgeschnittene Kleid angehabt, wo sie um den schneeweißen Hals an scharlachrotem Bande die hässliche Tafel getragen hatte, auf der in riesigen Lettern das Wort prangte:

PROSTITUIERTE

Welche Gedanken von Unmoralität und Ver­worfen­heit dieser eine Begriff, dieses eine Wort hervorrief, das auf dem schwellenden Busen meiner Zukünf­tigen wie ein Brandmal leuchtete!

„Beatrice!“, hatte Agnes ausgerufen, als ihre Schwester von dem Abendessen in das strahlend erhellte Wohnzimmer getreten war. „Wie – reizend du bist! Wenn ich nur ein Mann wäre!“

Beatrice, die beim ersten Satz ärgerlich dreingeschaut hatte, beruhigte sich. Sie sah mich groß an und verriet nur zu deutlich, wie viel ihr daran liege, was ich über sie denke. Ohne dass ich es wollte, fühlte ich mich geschmeichelt.

Ich stand da und betrachtete sie gedankenverloren.

Agnes entfernte sich nicht, trotzdem dass Beatrice, die ihren Blick von mir abgewendet hatte und nun zu ihrer ursprünglichen Absicht zurückkehrte, mit gefletschten Zähnen und flammenden Blicken auf ihre Schwester zuschritt. „Du Elende!“, zischte sie und gab ihr zwei kräftige Ohrfeigen, bevor noch Agnes dem Sturme entfliehen konnte, den sie heraufbeschworen hatte.

Ich überließ mich jetzt, nicht gerade zeitgemäß und zu meinem eigenen Erstaunen, dem Rückblicke an jenen köstlich ereignisreichen Abend, wo Beatrice über sich ergehen lassen musste, was sie so gern anderen zufügte. Mir bereitete die Demütigung Freude, der die stolze Schöne sich hatte unterwerfen müssen.

Agnes sah in ihrem mädchenhaft-eleganten Kleide sehr hübsch aus. Sie wurde feuerrot, als ihr Beatrice die Ohrfeigen verabreichte, aber noch mehr schien sie die Drohung zu beunruhigen, die ihnen folgte.

„So, du freches Ding! Warte nur, ich werde es schon durchsetzen, dass du vorn und hinten solch eine Karte trägst!“

Agnes wagte keine Erwiderung, aber ihr Busen wogte und ihr Gesicht blieb rot und aus ihren Augen schossen verächtliche Blicke.

Maud beobachtete ruhig und belustigt den Vor­gang, war aber, wie gewöhnlich, zu ernst und gleichgültig, um einzugreifen. Bei Beatricens Eintritt und bei Agnes’ Bemerkung hatte sie vom Buche aufgesehen, aber nach einer Bewegung der Ungeduld und nach verächtlichem Schmollen weitergelesen, während wir auf Made­moiselle und auf die Aufforderung zum Abendessen warteten.

Der ganze Vorgang lebte mit erstaunlicher Deut­lichkeit vor meinem geistigen Auge auf, obgleich ich mich fragte, warum es gerade in diesem Augenblicke geschah.

Das Ereignis war jedoch zu mächtig gewesen, als dass ich hätte widerstehen können, und ich musste mich der Erinnerung hingeben. Ich stand vor dem Spiegel, streichelte meine Arme, bewunderte meinen Busen und bemerkte auch den sinnlichen Blick, der aus den halb geschlossenen Lidern hervordrang. Ich hatte den Tea­gown abgelegt. Ich könnte ebenso gut die Erinneru­ngen in der Reihenfolge wiedergeben, womit sie in mir auftauchten. Das stimmte jedoch nicht mit jener überein, in der sich die Ereignisse wirklich abspielten.

Was bedeutete, um aufrichtig zu fragen, das herrliche Brillantarmband, das mir Lord Alfred Ridlington gegeben hatte und das mehrere hundert Pfund wert war? Jetzt lag es auf meinem Toilettentischchen. Ich hatte es mehr als einmal bewundert, als es auf meinem Arm glänzte, und hatte beschlossen, es an jenem Abend anzulegen, obzwar ich mir noch sehr im Unklaren war, ob ich Mademoiselle vorderhand von dem Geschenke sagen sollte oder nicht. Denn ihr Liebeskodex verlangte strengste Diskretion in Liebesangelegenheiten. War mir das Armband – verhasster, aufreizender Gedanke! – als Bezahlung gegeben worden?!

Wie ich den Gedanken verabscheute! Einige Augenblicke hatten die funkelnden Steine für mich nur den Wert eines Dienstlohnes. War ich eine Dirne?

Schließlich entsprach das Geschenk aber dem allgemeinen Gebrauche; denn ich war ein Mädchen und sollte doch auch die Plage einer Geburt durchmachen.

Was empfände ich – ich betrachtete mich im Spiegel, als ich mir die Frage stellte –, wenn auf meinen schwellenden Brüsten eine große Karte prangte, auf der das Wort „Prostituierte“ zu lesen wäre?

Arme Beatrice! Sie hatte Maud vorgeworfen, eine Dirne zu sein, weil sie mich von Elise gekauft hatte, und musste nun leiden, als ob sie die Schuldige gewesen wäre! Wie köstlich war es, sich Beatrice – an Mauds Stelle zu denken!

Eigentümliche Empfindungen wogten in mir, als ich an das wunderbare Glück dachte, das sie spenden könnte. Ihre weichen warmen Schenkel würden sich weit öffnen, um den Goldregen aufzunehmen, wie ihn Danae von ihrem Gotte empfangen hatte! Die Phantasie zauberte mir ihre Waden, die in zart gewebten Strümpfen steckten, und die leicht parfümierte Unterkleidung, die wunderbar rosige Haut und die verführerische Stellung der ausgestreckten Arme, die einladend sinnlichen Blicke und die verschmachtende Miene vor. Wahrlich: Agnes hatte recht; sie war reizend. Welch durchdringende, forschende Blicke sie auf mich geworfen hatte, als Agnes hinzufügte: „Ich wünschte, ich wäre ein Mann.“ Kannte Beatrice das Geheimnis und die Wahrheit? War ich ein Mann, und sehnte sie sich nach mir?

Ich half Mademoiselle an jenem Abend beim Ankleiden. Ich habe sie nie stattlicher gesehen. Sie sah aus wie eine Königin!

Naturgemäß fiel ihr erster Blick auf Beatrice, und sie tat überrascht, als sie bemerkte, wie diese dreinschaute.

„Nun, mein Fräulein“, sagte sie, „wie kommt es denn, dass dich das eine Wort so furchtbar niederdrückt? ‘Pro’ vor und ‘statuo’ ich stelle – sie ahmte den Tonfall von Beatricens Stimme nach. „Sagtest du nicht: Ja, wenn es ‘eunnus’ oder ‘pellex’, ‘scortum’ oder ‘meretrix’ wäre?“

„Mademoiselle!“

„Vielleicht hast du inzwischen den Oedilen einen Besuch abgestattet und deine Absicht kundgegeben, in die Reihen der professae einzutreten. Allerdings müsstest du dich zuerst von einem Schneider mit einer Toga versehen lassen.“

„Mademoiselle, Sie wissen ganz gut, dass ein freies Weib …“

„… nie eine Hure werden konnte. Das ist richtig. Aber du hast ja genau erklärt, dass es sich hier nicht um eine Hure oder … um irgendetwas Derartiges handelt, sondern nur um eine Prostituierte.“

„Das ist zu viel! Die Schande überleb ich nicht!“, schrie Beatrice, außer sich vor Zorn. „Mich eine Prostituierte zu heißen!“ Sie wollte die Karte herunterreißen, aber ehe sie noch recht dazukam, hinderte sie Mademoiselle daran. „Ich verbiete dir, sie herunterzunehmen. Ich will nicht annehmen“, – sie sagte das mit leiser Ironie – „dass deine Entschuldigungen für die An­wendung des Wortes unaufrichtig waren. Du wirst die Karte also freundlichst umbehalten. Wer weiß, nach dem Abendessen wird sich vielleicht jemand finden, der ganz begierig ist, deinen süßen Schoß mit Gold zu füllen. Julia zum Beispiel“, fügte Mademoiselle hinzu. Dann hänselte sie mich: „Julia, wie viel Taschengeld hast du denn noch?“

„Julia ist ein Mädchen“, erwiderte Beatrice unmutig und in der eindeutigen Absicht Mademoiselle zu bedrängen.

„Julia ist ein Hermaphrodit“, erwiderte Made­moiselle ruhig.

„Wir werden ja sehen, wer recht hat.“

„Nie!“, schrie Beatrice errötend.

„Wenn du glaubst, dass sie nicht stark genug ist, so können wir ja jemand anderen suchen. Jetzt müssen wir aber zu Tisch. Julia nimm ‘Frau’ Beatrice am Arm. Maud, reich mir den Arm, und du, Agnes, geh voraus.“

Während dieses Wortwechsels hatten wir anderen mit aufgerissenem Mund und großen Augen dagestanden und neugierig den Ausgang erwartet. Sogar die sonst so gesetzte Maud hatte ihr Buch im Stich gelassen und ich hätte viel darum gegeben zu erfahren, was in ihrem Köpfchen vorgehe.

„Oh! Oh! Oh!“, rief ich aus, denn meine Erregung hatte einen Ständer bewirkt, und ich fühlte nun den unbarmherzigen Ring. Der Schmerz war so groß, dass ich einer Ohnmacht nahe war.

Mademoiselle blieb stehen und schaute mich erstaunt an.

„Ich glaube, es ist der ‘Ehering’, der ihn gebissen hat“, sagte Maud.

„Ah, das hatte ich vergessen. Na, Beatrice, ich fürchte fast, dass du seine Guineas nicht bekommen wirst“, spöttelte Mademoiselle.

„Julia“, sagte Beatrice verzweifelt, „wenn du dich nicht in Acht nimmst und gut aufpasst, so bin ich imstande und … reiße … dir dein Ding weg.“

„Ich konnte doch wirklich nichts dafür, Beatrice“, wandte ich ein.

„Du musst dafür können …“, erwiderte sie und zwickte mich boshaft in den Arm.

Eingehängt schritten wir bis zum Speisezimmer weiter. Die Dienstboten, die bei Tisch bedienten, sahen erst Beatrice und dann einander sehr bedeutungsvoll an. Sie waren zu gut diszipliniert, um sich sonst etwas anmerken zu lassen. Aber ich glaube mich nicht zu täuschen, wenn ich sage, dass ich sie hinter der spanischen Wand kichern hörte, und das eine Mädchen, das mir die Suppe hinstellte, gab mir sogar einen fast unmerklichen Stoß mit dem Ellbogen.

Beatrice saß neben mir....