Perry Rhodan-Paket 2: Atlan und Arkon - Perry Rhodan-Heftromane 50 bis 99

von: Perry Rhodan Redaktion

Perry Rhodan digital, 2011

ISBN: 9783845329413 , 3000 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 59,99 EUR

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Perry Rhodan-Paket 2: Atlan und Arkon - Perry Rhodan-Heftromane 50 bis 99


 

1.


 

Das Flüstern wurde zum lauten Gelächter. Jemand erklärte, ein solcher Unsinn sei ihm noch nie unter die Augen gekommen.

Eine dunkle Frauenstimme fiel ein. Das Gelächter erstarb abrupt.

»Wie bitte?«, fragte ein Mann bestürzt. »Sie wollen behaupten, das entspräche auch nur annähernd der Wahrheit?«

Ärger lag in der Stimme der Frau. Dann kam wieder das dröhnende Lachen. Es konnte nur Hiob sein. Niemand lachte so laut über irgendwelche Nichtigkeiten wie Hiob Malvers.

»Quatsch!«, stellte eine andere Stimme sachlich fest. »Halluzinationen oder was weiß ich. Man wird sie zur Landung gezwungen haben. Ihr wisst doch alle, wie das drüben gemacht wird, oder?«

Hiob ließ sich wieder vernehmen. Er lachte wieder. Wenn er doch nur einmal sein unmotiviertes Lachen unterdrücken könnte!

Ich hatte ihn nie leiden können, jetzt aber noch viel weniger. Er war ein kleiner, rundlicher Typ mit rosigen Wangen und kalten Augen. Wenn in meiner Abteilung etwas schiefging, steckte garantiert Hiob Malvers dahinter.

»Ruhe!«, sagte ich wütend, »zum Teufel, haltet endlich Ruhe. Es kann uns vorerst gleichgültig sein, ob die Landung freiwillig erfolgte oder nicht.«

»Sicher«, brummte Billy Plichter, »Okay, fangen wir an. Wie war das nun, Olaf? Wieso muss die neue Teftris-Gleichung generell unrichtig sein? He, Olaf, was ist denn? Olaf, he, Sie meine ich! Olaf, warum stimmt die Gleichung nicht? Olaf ... Olaf ... Olaf ...!«

Der Ruf wurde lauter. Mir war, als begännen winzige Glocken in meinem Schädel zu schwingen. Ich hörte mich antworten, und doch sprach ich nicht. Olaf – das war ich! Es war ganz zweifellos mein Name, der da immer wieder und in stetig steigender Lautstärke gerufen wurde. Ich fühlte, dass die Schmerzen in meinem Kopf stärker wurden. Billy Plichter war erbarmungslos mit seinem Drängen. Ich hatte die Ruhe verdient; sicher hatte ich sie verdient!

Jemand begann zu sprechen. Es dauerte eine Weile, bis ich die Worte erfasste. Sie kamen aus meinem Mund. Ich hätte lachen mögen, doch da brandete der ziehende Schmerz auf.

Dicht neben mir zischte etwas. Das kurze Ziehen in meinem Oberschenkel verging sofort. Wohlige Wärme durchrieselte meinen Körper, und ich wunderte mich über den Arzt, der mir in Gegenwart anderer Personen eine Injektion verabreichte.

Ich schämte mich! Da war doch »Willy« Fergusen im Raum! Wie konnte man mir vor ihren Augen eine Hochdruckspritze geben. Sicherlich hatte man meinen Oberschenkel entblößen müssen!

Vor meinen Augen wallten feurige Nebel. Die Schmerzen in meinem Gehirn wurden zu einem dumpfen Pochen. Es war auszuhalten.

Als mein klares Sehvermögen zurückkehrte, wusste ich plötzlich, dass »Willy« Fergusen doch nicht im Zimmer sein konnte. Hiob lachte schon wieder, aber auch er war nicht wirklich da. Dicht vor mir leuchtete der große Bildschirm in strahlender Helligkeit.

Verwundert sah ich zu dem farbigen Bild hinüber. Meine Mitarbeiter unterhielten sich über Dinge, die mir sehr wohl bekannt waren. Ich weilte mitten unter ihnen, und trotzdem lag ich hier.

Das scharfe Bild verflimmerte plötzlich. Eine moderne Uhr mit Jahresskala erschien auf dem Schirm. Jemand verkündete feierlich: »Die Zeit ist um, Gebieter.«

Wann hatte man mich wohl zum letzten Male »Gebieter« genannt? Mühsam drehte ich den Kopf.

»Wie bitte?«, fragte ich mit schwerer Zunge.

»Die Zeit ist um, Gebieter!«, drang die gleiche Stimme an mein Ohr. Diesmal klang sie nicht mehr so feierlich, sondern mehr metallisch schwingend.

Ricos Plastikgesicht hatte sich verbindlich gefaltet. Er lächelte! Ich blinzelte zu ihm hinauf, bis ich seine starren, unpersönlichen Augen gefunden hatte.

»Hallo«, sagte ich schwach, »ist das Rico?«

»Das ist Rico, Gebieter. Die Zeit ist um. Ich war gezwungen, dich aufzuwecken. Genau neunundsechzig Jahre, Gebieter.«

Ich ärgerte mich über den devoten Ausdruck. Man sollte hochwertige Roboter nicht so schalten, dass sie bei jeder Gelegenheit eine unterwürfig klingende Anrede gebrauchen. Wie war das aber mit den erwähnten 69 Jahren gewesen?

Der Gedanke daran ließ mich zusammenfahren. Es war so, wie es immer gewesen war: Die Erkenntnis kam mit schmerzhafter Eindringlichkeit. Ich richtete mich auf.

Rico griff sofort zu. Ich spürte den harten Stahl unter der leicht elastischen Plastikverkleidung seiner Hand. Ich stöhnte unterdrückt. Meine Gelenke schienen Rost angesetzt zu haben. Schließlich sah ich wieder zu der Uhr auf dem Bildschirm hinüber.

»Nur neunundsechzig Jahre? Ich hatte für siebzig justiert. Was ist los?«

Rico war so stur, wie es nur eine Maschine sein konnte.

»Nur neunundsechzig Jahre, Gebieter«, erklärte er unbewegt. »Ich erhielt den Kommandoimpuls vor genau sechsunddreißig Stunden, drei Minuten und achtzehn Sekunden.«

Also hatte man diesmal runde 36 Stunden benötigt, um mich aus dem todesähnlichen Bio-Tiefschlaf aufzuwecken.

Zu lange, viel zu lange!, signalisierte mein Gehirn. Dann fragte ich mich wieder, welcher winzige Schaltfehler zu einer Zeitdifferenz von einem Jahr geführt hatte. Sicherlich war es meine eigene Schuld gewesen. Es war damals alles so schnell gegangen; damals, als sie oben mit dem atomaren Unfug begannen.

Eine mechanische Sprecheinheit meldete sich. Ich fuhr wieder zusammen. Die Uhr verschwand vom Bildschirm. Die Bildton-Spule hatte ihren Zweck erfüllt. Leute von meiner Art benötigten im Augenblick des Aufwachens akustische und optische Eindrücke aus der Zeit unmittelbar vor Beginn der biomedizinischen Einschlaf-Prozedur. Ich erinnerte mich, dass ich die vorsorglich angefertigte Spule in die Zeitautomatik geschoben hatte.

Hiobs aufdringliches Gelächter hatte mir gut geholfen. Wahrscheinlich wäre ich sonst nicht so rasch munter geworden.

Ricos runder Plastikschädel schob sich in mein Blickfeld. Er gehörte zu den wenigen Robotern, die speziell für die Überwachung und Wartung der Kuppel-Maschinen konstruiert worden waren. Seine Sprachbegabung war eine positronisch-logistische Spielerei mit seinem ultraschnell arbeitenden Auswertungssektor, der mathematische Ergebnisse in verständliche Laute umwandelte. Es war ein Hilfsmittel zur Anreizung meiner nur langsam munter werdenden Sinne. Immerhin musste ich jetzt mit jemand sprechen, auch wenn der Partner nur eine Maschine war. Ricos Sprachschatz war ohnehin begrenzt.

Rechts neben dem Ruhelager war die vom Zentralgehirn ferngesteuerte Aktivierungsdusche aufgefahren. Der kleine Raum glich einem modernen Operationssaal, nur dass es hier keine Ärzte gab. Die auf meine Körperzellen einwirkenden biochemischen Reizstoffe wurden teils eingespritzt, teils in der Form variabler Strahlungen abgegeben. Über meinem Kopf lastete noch die glitzernde Haube des Schwingungsgenerators, der mir wohl die ersten Sinneseindrücke vermittelt hatte.

Ich blieb eine Stunde lang still liegen und dachte dabei über die Gründe nach, die mich zu diesem Tiefschlaf verleitet hatten.

Richtig – vor 69 Jahren, Anfang Juli 1971, hatten die Verantwortlichen der drei großen Staatenblöcke die Nerven verloren. Ich war in meiner unterseeischen Kuppel verschwunden, als in Asien die ersten Atomraketen starteten. Wahrscheinlich hatte ich es gerade noch geschafft, der sinnlosen Vernichtung zu entgehen. Was war aber aus den vielen Menschen auf allen Kontinenten der Erde geworden? Die Vorstellung um das Schicksal von Milliarden war zu grauenhaft, um kalt und nüchtern durchdacht zu werden. Ich wusste in diesen Augenblicken nur, dass ich wahrscheinlich der letzte Mensch auf der Erde war.

Mensch!, lachte ich bitter auf.

Rico kam sofort näher. Wenn seine mechanischen Sehwerkzeuge Besorgnis verraten konnten, dann taten sie es jetzt.

Ich blieb still liegen und genoss die zugreifenden Weichplastik-Hände der vielarmigen Massage-Maschine. Die Knetkur war unbedingt erforderlich, wenn ich meinen Körper wieder unter Kontrolle bekommen wollte.

Es dauerte nochmals einige Stunden, bis ich mich vom Lager erheben konnte. Ein Pressluftstrom fauchte durch die feinen Poren des Schaumstoffes. Dort, wo ich im Laufe von 69 Jahren Vertiefungen eingelegen hatte, entstand wieder eine glatte Oberfläche.

Nackt, noch völlig geschwächt und von wirren Gefühlsstürmen geschüttelt, ließ ich mich von Rico aus dem Schlafraum führen. Draußen, im freundlich eingerichteten Vorzimmer, war die Farborgel in Tätigkeit getreten. Sinnesberuhigende Wellenmuster überfluteten die Wände. Die zarten Klänge einer alten Komposition drangen wohltuend auf mich ein.

Die wenigen Meter waren kolossal anstrengend. Seufzend ließ ich mich in die weichen Polster des Vibratorsessels sinken, der die harte Knetmassage der Robothände wesentlich unaufdringlicher fortsetzte.

Rico reichte mir die ersten flüssigen Nährstoffe. Noch durfte ich meinem Magen keine festen Substanzen anbieten. Überhaupt würde ich noch mindestens drei bis vier Tage benötigen, um wieder einigermaßen fit zu sein.

Rico schob den fahrbaren Spiegel näher und richtete das Ruhelager auf. Ich war kaum abgemagert, ein Zeichen dafür, dass mein Körper sehr gut auf den Tiefschlaf reagiert hatte.

Ich winkte kurz ab und sah zu, wie er den Spiegel in die Wandvertiefung zurückschob. Dann blieb die Maschine dicht vor mir stehen. Ricos Gesicht hätte menschlich wirken können, wenn es nicht so farblos und wächsern gewesen wäre.

»Freund, ich gäbe etwas dafür, wenn an deiner Stelle ein wirklicher Mensch stünde«, sagte ich schwach. »Wie sieht es oben aus?«

»Sehr viel Wasser, Gebieter«, antwortete mein Leibdiener...