Arbeitspsychologie

von: Uwe Kleinbeck, Klaus-Helmut Schmidt

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2010

ISBN: 9783840905988 , 1257 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: DRM

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Preis: 167,99 EUR

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Arbeitspsychologie


 

1. Kapitel Psychische Regulation von Arbeitstätigkeiten (S. 3-4)
Winfried Hacker

1 Einordnung

Der Kern von Arbeitsprozessen, seien es Prozesse der Erwerbs-, Versorgungs-, Eigen- oder ehrenamtlichen Arbeit, sind Arbeitstätigkeiten. Diese sind psychisch reguliert. Das gilt für vorwiegend körperliche wie vorwiegend geistige Arbeit. Das Kapitel beschreibt die Struktur und die Komponenten dieser psychischen Regulation von Arbeitstätigkeiten und von deren Bestandteilen, den Handlungen und den Operationen.

Mit der Verlagerung der Arbeitsanforderungen von hauptsächlich körperlichen Anforderungen zu hauptsächlich psychischen ist in der heutigen und künftigen Arbeitswelt die Bedeutung des Wissens um die psychische Regulation von Arbeitstätigkeiten ausschlaggebender denn je geworden für das Untersuchen, Bewerten und Gestalten sowohl der Arbeitsprozesse als auch der Ausbildung und Auswahl der Arbeitenden (Hacker, 1995, Hacker, Fritsche, Richter & Iwanowa, 1995, Oesterreich & Volpert, 1999, Schönpflug, 1979, Volpert, 2003). Regulationsmerkmale wie Regulationsbehinderungen, Vollständigkeit oder Ganzheitlichkeit der psychischen Anforderungen sowie Tätigkeitsspielraum bestimmen das Risiko, Befindens- bzw. Gesundheitsbeeinträchtigungen bei der Arbeit zu erleiden (Wieland, Klemens, Scherrer, Timm & Krajewski, 2004). In dem Maße, in dem darüber hinaus die Neuartigkeit (Innovativität) von Produkten oder Prozessen die Konkurrenzfähigkeit rohstoffarmer Volkswirtschaften bestimmt, erlangen Kenntnisse über die intellektuellen, insbesondere die problemlösenden Regulationsvorgänge schöpferischer Arbeitstätigkeiten eine Schlüsselrolle. Die Komponenten des Arbeitsprozesses sind das arbeitende Subjekt, der Auftrag bzw. die selbst gestellte Aufgabe, die durch die Arbeitstätigkeit verwirklicht Arbeitsbedingungen).
Die zentrale Komponente ist die Arbeitstätigkeit, deren Anforderungen als Arbeitsinhalt bezeichnet werden. Das gilt nicht nur für die bezahlte Erwerbsarbeit im engeren Sinne, sondern für alle Formen ergebnisorientierter Tätigkeiten, also auch für Eigenarbeit, Hausarbeit oder gemeinnützige bzw. gesellschaftliche Arbeit (Nitsche & Richter, 2003, Resch, 1999, 2003, Ulich, 2005).

Arbeitstätigkeiten als der zentrale Bestandteil von Arbeitsprozessen sind nicht beschreibbar lediglich als sichtbare äußere Verrichtungen (beispielsweise eine Reihe von Handbewegungen), sondern sie werden durch innere, psychische Prozesse (beispielsweise das Schlussfolgern) und psychische Repräsentationen (beispielsweise Wissen) reguliert. Zur Beschreibung der psychischen Regulation von Arbeitstätigkeiten wurden Konzeptionen wie die der operativen Abbildsysteme, d. h. tätigkeitsleitender psychischer Sachverhalte, entwickelt (Oschanin, 1976). Jedoch haben sich diese Konzeptionen – abgesehen von speziellen Gebieten wie dem sensumotorischen Lernen – in der US-amerikanisch dominierten Psychologie nur langsam durchgesetzt. Die Grundlagen für diese Durchsetzung kamen vorzugsweise aus der russischen und polnischen Tätigkeits- bzw. Handlungspsychologie (Bernstein, 1967, Galperin, 1966, 1967, Leont’ev, 1979, Lomow, 1964, Luria, 1956, Rubinstein, 1914, 1958, Tomaszewski, 1978, 1981) und aus Einflüssen der Regelungstheorie und der Kybernetik (Miller, Galanter & Pribram, 1960, Wiener, 1963).

Ein Blick in verbreitete Lehrbücher der Kognitionspsychologie zeigt: In der Kognitionspsychologie wurden Konzepte zur psychischen Regulation von Tätigkeiten oder Handlungen – im Unterschied zu einzelnen psychischen Prozessen – im Vergleich zur Arbeitspsychologie und ihrer Vorläuferin, der Psychotechnik (beispielsweise Lewin & Rupp, 1928), später entwickelt. Diese Konzepte sind nicht für die Analyse und Gestaltung von konkreten Arbeitsprozessen gedacht. Auch erfolgen kaum Rückgriffe der kognitionspsychologischen Beiträge auf verwandte frühere Arbeiten aus den angewandten Disziplinen (vgl. zum Beleg die Literaturangaben beispielsweise bei Müsseler & Prinz, 2002). Eigenständige Beiträge zur psychischen Regulation von Tätigkeiten bieten auch Persönlichkeitsund Entwicklungspsychologie (z. B. Kuhl & Beckmann, 1994, Brandtstädter, 2001). In diesem Beitrag erfolgt eine Beschränkung auf den Gegenstandsbereich von Arbeitstätigkeiten.

Bereits Aristoteles hatte die Handlung als intentionalen Prozess beschrieben. Er unterschied die Handlungsabsicht (Intention) von den vorweggenommenen Handlungszielen und den Handlungsumständen (-bedingungen).