Weizen- und glutenfrei kochen und backen - Abwechslungsreiche Rezeptideen für Zöliakiepatienten

von: Dr. Claudius Stratmann, Edina Stratmann, Silke Oltersdorf

Südwest, 2009

ISBN: 9783641035983 , 128 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 9,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Weizen- und glutenfrei kochen und backen - Abwechslungsreiche Rezeptideen für Zöliakiepatienten


 

Als ich vor neun Jahren erfuhr, dass mein heute vierzehnjähriger Sohn an Zöliakie erkrankt ist, war ich ziemlich ratlos. Die Vorstellung, dass er sein ganzes Leben lang eine strenge Diät einhalten werden müsste, war sehr erschreckend für mich.
Nachdem ich sämtliche Literatur über diese Krankheit gelesen hatte, wusste ich, dass sich in meinem Koch- und Backverhalten viel ändern würde.
Frisches Gemüse ist natürlicherweise glutenfrei und damit eine Basiszutat auf dem Speiseplan für Zöliakie-Betroffene.
Hierbei hat sich die Mitgliedschaft in der Deutschen Zöliakie-Gesellschaft (Adresse siehe Seite 123) als sehr hilfreich erwiesen. Der von ihr herausgegebene und jährlich aktualisierte Einkaufsführer »Aufstellung glutenfreier Lebensmittel« ermöglicht es mir, glutenfreie Lebensmittel nicht nur in Reformhäusern, sondern auch in ganz normalen Lebensmittelläden einzukaufen (mehr dazu auf den Seiten 22f. und i2of.). Doch selbst dann noch ist eine glutenfreie Diät einzuhalten eine recht kostspielige Angelegenheit -ein Leben lang. Deshalb achte ich in der Küche auch sehr darauf, möglichst nichts wegzuwerfen. Bereite ich zum Beispiel abends Hackfleischbällchen in Tomatensauce zu, so koche ich am nächsten Tag eine Tomatensuppe von dem übrigen Tomatensaft. Übrig gebliebene Pfannkuchen-Fleischfüllung (Seite 34) schmeckt tags drauf als Brotaufstrich.

In den meisten Familien ist nur eine Person von der Krankheit betroffen. Deshalb sind alle Zutatenangaben für eine Portion berechnet. Natürlich können Sie die Gerichte auch für die ganze Familie zubereiten. Dazu vervielfachen Sie die Mengen einfach.
Ich habe viel Wert darauf gelegt, dass die Rezepte möglichst wenig Zutaten haben und schnell zuzubereiten sind. Das hat einerseits den Vorteil, dass man sich die Rezepte leicht merken und bald auswendig zubereiten kann, und spart Zeit beim Extrakochen für eine Person.
Alle Zutaten in den Rezepten dieses Buches sind glutenfreie Produkte, wie zum Beispiel Kekse, Zuckerstreusel oder Paniermehl - auch wenn das nicht in jedem Fall explizit erwähnt ist (siehe auch die Listen und Hinweise auf den Seiten 2if. und i2of.). Diese glutenfreien Lebensmittel kann ich problemlos im nahe gelegenen Reformhaus und Lebensmittelladen besorgen.
An dieser Stelle möchte ich mich bei Silke Oltersdorf bedanken. Ihre tatkräftige Hilfe bei der Rezeptentwicklung und Formulierung der Texte hat sehr viel dazu beigetragen, dass dieses Kochbuch zustande kam.
Mit meiner Rezeptsammlung möchte ich Ihnen das glutenfreie Kochen und Backen erleichtern. Probieren Sie die Rezepte aus, und ändern Sie sie gegebenenfalls nach Ihrem Geschmack.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß dabei und gutes Gelingen. Ihre Edina Stratmann

Basiswissen zu Zöliakie

Zöliakie stellt eher eine Veranlagung mit überaus günstiger Prognose als eine Erkrankung dar. Sie ist zwar nicht ganz einfach zu diagnostizieren, jedoch einfach zu behandeln, und Patienten unter Diät sind als gesund anzusehen.

Zöliakie (auch: Glutenenteropathie, einheimische Sprue)

Was ist Zöliakie?
Manche Menschen vertragen ein bestimmtes Getreideeiweiß nicht. Dieses Eiweiß heißt Gluten. Ihre Dünndarmschleimhaut wird durch Gluten so stark geschädigt, dass die Resorption (Aufnahme) aller Nahrungsmittelbestandteile nahezu stark eingeschränkt bis völlig unmöglich wird.
Tritt diese Erkrankung im Kindesalter auf, nennt man sie Zöliakie, bei Erwachsenen, die dieses Krankheitsbild zeigen, spricht man von einheimischer Sprue (gesprochen »spru«). Fachsprachlich wird die Krankheit unabhängig vom Zeitpunkt des Auftretens als Glutenenteropathie oder glutenindizierte Enteropathie bezeichnet. Das bedeutet auf Deutsch: eine durch Gluten bedingte Darmerkrankung.
Glutenunverträglichkeit ist ein chronisches, lebenslanges Leiden, das in jedem Alter vorkommen kann. Eine Heilung ist derzeit nicht möglich. Die Funktion der Schleimhaut kann nach dem momentanen medizinischen Stand nur durch strikte glutenfreie Nahrung wiederhergestellt und aufrecht erhalten werden.

Was geschieht im Darm?
Der Dünndarm ist der Teil des Verdauungsapparates, in dem der Hauptanteil aller Nährstoffe aus der verzehrten Nahrung in den Körper aufgenommen wird. Er ist ein etwa fünf Meter langer Schlauch. Innen ist er mit einer Schleimhaut ausgekleidet, die unzählige Falten bildet, die ihrerseits wieder in kleine Falten untergliedert sind (siehe linke Abbildung auf Seite 13). Diese Falten werden Zotten genannt. Die Faltenstruktur dient dazu, eine möglichst große Fläche für die Resorption (Aufnahme) der Nahrungsbestandteile zu schaffen. Denn hier nehmen Mineralstoffe, Vitamine, Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette ihren Weg aus dem Nahrungsbrei durch die Darmwand in das Blut.
Beim Gesunden wird hier auch das Getreideeweiß Gluten - in seine einzelnen Bestandteile aufgespalten - problemlos in den Körper aufgenommen. Besteht allerdings eine Unverträglichkeit für Gluten, und es wird dennoch verzehrt, wird die Schleimhaut des Dünndarms angegriffen

Das geschieht im Darm

und in ihrer Funktion eingeschränkt. Denn bei einer Gluten-Unverträglichkeit geht der eigene Körper gegen Zotten vor, die mit Gluten bzw. einem Teil dieses Eiweißes, das sich Gliadin nennt, behaftet sind: Irrtümlicherweise hält das Immunsystem das Gliadin für einen Eindringling und versucht, den Körper davor zu schützen. Daher zerstört es die mit Gluten bzw. Gliadin behafteten Darmzellen.
Ein fataler Irrtum. Denn das Immunsystem arbeitet so gründlich, dass nach und nach ein Großteil der Darmzotten abgebaut wird. Das wird fachsprachlich Zottenatrophie genannt, auf Deutsch Zottenrückbildung bzw. Zottenschwund. Das führt dazu, dass immer weniger der lebensnotwendigen Nährstoffe (Vitamine, Mineralien, Kohlenhydrate, Eiweiß und Fette) aufgenommen werden können. Vielfältige Beschwerden sind die Folge. Im Vollbild der Erkrankung ist die Dünndarminnenwand ein fast glatter Schlauch, der nicht mehr in der Lage ist, irgendwelche Nahrungsbestandteile zu resorbieren.

Mögliche Einflussfaktoren für eine Erkrankung
Forscher vermuten, dass die Vererbung bei der Entwicklung einer Glutenenteropathie eine Rolle spielt. Gestützt wird die These durch die Beobachtung, dass etwa zehn Prozent der Verwandten ersten Grades von Zöliakie-Patienten mikroskopisch sichtbare Veränderungen der Dünndarmschleimhaut zeigen. Damit kommt die Krankheit hier häufiger vor als in der Normalbevölkerung. Wie die Glutenunverträglichkeit vererbt wird, ist jedoch unklar. Ein spezifisches »Zöliakie-Gen« konnte bisher noch nicht gefunden werden.
Des Weiteren wird eine frühe glutenhaltige Beikost diskutiert. So konnte in Schweden (wo sehr früh beigefüttert wir eine Zunahme der Zöliakie-Erkrankungen
von 1,7 auf 3,1 pro 1.000 Lebendgeburten nachgewiesen werden, während im genetisch gleichen Dänemark die Anzahl der Zöliakie-Erkrankten im selben Zeitraum stabil blieb.

Welche Beschwerden treten auf?
Vielfältig und unspezifisch sind die Beschwerden von Zöliakiebetroffenen für sich alleine genommen. Erst in ihrer Kombination und Resistenz (Widerstandsfähigkeit) gegen allgemeine Maßnahmen geben sie Anlass zum Verdacht auf Zöliakie. Allerdings: Nicht jeder Bauchschmerz sollte gleich Anlass zu Sorge geben, insbesondere, wenn er innerhalb einer Woche wieder kuriert ist. Denn bei den meisten Menschen, die an Zöliakie leiden, bestehen die Symptome ungebessert über viele Monate.