Gegen's Heimweh - Jüdische Witze, Anekdoten und Geschichten

von: Wolfgang Rochmes

Heyne, 2009

ISBN: 9783641033019 , 352 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 7,99 EUR

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Gegen's Heimweh - Jüdische Witze, Anekdoten und Geschichten


 

1. KAPITEL
Der jüdische Witz im Überblick
Motto:
 
»Oich der wiz mus chessed der haschgoche hobn.«
(Auch der Witz muss den Segen Gottes haben.)
Wir sind in Wien, 1945. Der Krieg ist gerade vorbei, die ersten Kaffeehäuser haben wieder geöffnet. Sitzt da einer:
»Herr Ober!«
»Der Herr wünschen?«
»Ich hätt gern einen kleinen Braunen1, nein: geben’S mir lieber einen Mokka und den Völkischen Beobachter2
»Den Kaffee herzlich gerne, aber den Völkischen Beobachter gibt’s nimmer.«
Zehn Minuten später.
»Herr Ober!«
»Der Herr wünschen?«
»Ich hätt jetzt gerne einen Cognac. Und den Völkischen Beobachter
»Den Cognac ja, selbstverständlich, aber den Völkischen Beobachter gibt’s nimmer!«
Weitere zehn Minuten später.
»Herr Ober!«
»Der Herr wünschen?«
»Ich hätt gerne noch einen Cognac – und den Völkischen Beobachter
»Kaffee, Cognac – alles, was wir auf der Karte haben, aber den Völkischen Beobachter gibt’s nimmer. Warum fragen Sie denn dauernd?«
»Ich hör’s halt so gern!«
In einem Kaffeehaus sitzen ein Sehender und ein Blinder. Fragt der Sehende den Blinden:
»Mechtest du wos trinken, vielleicht a Milch?«
»Wos is das, a Milch?«
»A weiße Flissigkeit.«
»Aha … Wos is weiß?«
»A Schwan is weiß.«
»Wos is a Schwan?«
»A groißer Vogel mit an lang’n krumm’n Hals.«
»Wos is krumm?«
»Wie soll ich dos erklär’n? … Halt, ich hob’s! Ich werd mein Arm abwinkeln, du wirst mit der Hand durch die Armbeige tasten, dann wirste wiss’n, wos is krumm.«
Der Blinde tastet, geführt von der Hand des Sehenden, über dessen Armbeuge und sagt strahlend:
»Jetzt weiß ich endlich, wos dos is a Milch!«
»Du, ich hab dich gestern an der Börse gesehen. Was machst du da?«
»Ich spekuliere in Minen.«
»Du spekulierst? Du hast doch überhaupt kein Geld!?«
»Nicht so, wie du denkst. Ich stehe am Eingang von der Börse und warte, bis einer herauskommt mit einer fröhlichen Miene. Dann schnorr ich ihn an!«
Zwei Juden sitzen im Kaffeehaus. Sagt der eine:
»Sag einmal, wieso trägst du den Ring mit dem Stein nach innen?«
Der andere, den Handrücken vorzeigend:
»Na, red ich a so, oder« – die Handfläche vorzeigend – »red ich a so
Woroschiner spielt in der Lotterie.
Er betet: »Lieber Gott, lass mich in der Lotterie gewinnen, ich werde die Hälfte des Gewinns einer guten jüdischen Sache spenden.«
Er spielt, und er gewinnt nicht.
Denkt er sich: »Nu, versuch ich’s mal bei der Konkurrenz.«
Er begibt sich in eine Kirche, spendet eine geweihte Kerze und faltet umständlich die Hände: »Lieber christlicher Gott, lass mich bitte gewinnen in der Lotterie, ich werde die Hälfte des Gewinns einer guten christlichen Sache spenden.«
Er spielt, und er gewinnt!
Er geht ins Kaffeehaus, erzählt die Geschichte seinen Freunden und sagt: »Ich gebe zu, der christliche Gott hat mich besser behandelt als der insrige3. Aber der insrige ist klüger; er wusste, dass ich nichts geben werde.«

Wir verlassen jetzt das Kaffeehaus:


Der Rabbi im Kreise seiner Bachurim4:
»Lasst euch erzählen die Geschichte von einem großen Wunder. Ein armer jiddischer Holzfäller is sich ergangen in den Wald, um Holz zu schlagen. Was geschieht? Was findet er da? Ein neugeborenes Kind! Aber der Mann war bitterarm, er konnte sich selbst nicht ernähren, geschweige denn ein Kind. Er hat sich hingestellt, der fromme Mann, und hat gebetet zu Gott, dass er möge tun ein Wunder. Und was sag ich euch! Das Wunder is geschehn: Dem Mann sind Brüste gewachsen, er hat das Kind gesäugt, das Kind hat überlebt!«
Sagen die Bachurim:
»Ein schönes Wunder, ein großes Wunder. Aber far wos5 so kompliziert? Der liebe Gott hätt ihn finden lassen einen Beutel mit Geld, wär doch einfacher gewesen, nicht?«
Da lächelt der Rabbi und sagt:
»Far wos soll Gott ausgeben bares Geld, wenn er kann auskommen mit einem Wunder!«
Der achtzigjährige Saloschin fühlt sich nicht wohl, er geht zum Doktor und lässt sich untersuchen. Der Arzt beklopft ihn hier, beklopft ihn da, schaut ihm hier herein, schaut ihm dort herein und fragt ihn:
»Sagen Sie mal, Herr Saloschin, leiden Sie an Blähungen?«
»Wos haaßt leid’n? Ma anziges Vergnig’n!«
Meyer Amschel Rothschild hat noch gehabt ein kleines Kontor in Frankfurt. Er ist gestanden an seinem Pult bis tief in die Nacht, hat geschrieben und gerechnet. Da geht die Tür auf, herein kommt ein preußischer Offizier in voller Adjustierung:
»Baron von Brettwitz, Adjutant seiner königlichen Majestät des Königs von Preußen.«
Sagt Rothschild:
»Nehmen Se sech a Stuhl!«
Der Offizier, forscher:
»Baron von Brettwitz, Adjutant seiner königlichen Majestät des Königs von Preußen, Ritter des Malteserordens!!«
»Nehmen Se sech a Stuhl.«
Der Offizier, lauter und mit großem Nachdruck:
»Baron von Brettwitz, Adjutant seiner königlichen Majestät des Königs von Preußen, Ritter des Malteserordens und päpstlicher Hofkämmerer!!!«
»Na gut, dann nehmen Se sech zwa Stühle!«
In einem Zugabteil sitzen sich ein Jude und ein Offizier gegenüber. Der Offizier schläft. Dem Juden wird schlecht, er übergibt sich – auf die Uniform des Offiziers! Peinlich berührt zieht der Jude ein Tuch heraus und beginnt vorsichtig an der Uniform des Offiziers zu wischen. Der Offizier erwacht. Fragt ihn der Jude: »Is Ihnen schon besser?«
Stellungsbau im Ersten Weltkrieg. Baruch Meyer gräbt und gräbt, der Schützengraben ist schon drei Meter tief. Schreit der Unteroffizier:
»Meyer, was machen Sie da? Sie werden den Feind nicht sehen können!«
»Bin ich neigierig?«
Veitel Mandelbelag hat aufgemacht einen Gemischtwarenladen. Den ganzen Tag ist kein Mensch gekommen. Er will bereits zusperren, da kommt einer herein und verlangt einen Briefumschlag.
»Macht zwei Kreuzer.«
Der Mann wirft fünf Kreuzer hin und geht.
Zu Hause fragt ihn seine Frau:
»Nu, Veitel, sug, wie wor’s Geschäft?«
»Der Umsatz war nicht besonders – aber der Verdienst!«
Schmul besucht den Nachman. Nachman sitzt splitternackt am Tisch, seine Jarmulke6 auf dem Kopf und studiert den Talmud.
»Nachman, was sitzt du da so nackt?«
»Ach, weißt du, Schmul, es ist so heiß heute und kommen wird doch niemand …«
»Gut und schön, aber warum hast du dann deine Jarmulke auf?«
»Vielleicht könnt ja doch wer kommen!«
Nathan Eisenschitz ist Rabbi in Chicago und leidenschaftlicher Golfspieler. Die ganze Woche ist gewesen ein mieses Wetter, und er konnte seiner Golfleidenschaft nicht frönen. Aber ausgerechnet am Schabbes – am Sabbat darf doch ein Jude nicht Sport treiben! – ist herrlichster Sonnenschein. Er ist aufgestanden in aller Herrgottsfrühe und in ihm tobt ein fürchterlicher Kampf: Seine Golfleidenschaft wider seine Frömmigkeit … Die Golfleidenschaft siegt, er geht auf den Golfplatz, er ist ganz allein und fängt an zu spielen.
Sein seliger Vater, der gewesen ist ein orthodoxer Rabbi, sieht herab vom Himmel auf die Erde und seinen Sohn sündigen. Ihn packt ein heiliger Zorn, und er ruft aus:
»Lieber Gott, komm, schau – bestrafe diesen Sünder.«
Der liebe Gott schaut herab und sagt:
»Ich werde ihn bestrafen!«
Was geschieht? Nathan Eisenschitz, noch immer allein, legt sich den Golfball am Abschlagspunkt zurecht, holt aus – ein mächtiger Schlag, der Golfball fliegt zweihundert Meter weit, genau ins Loch. Ein Ass (Hole in One)! – Sein seliger Vater ist verdattert und sagt zu Gott:
»Das soll sein eine Strafe?«
Da lächelt der liebe Gott und sagt:
»Nu, wem soll er’s erzählen?!«

Wir begeben uns nun zurück ins Kaffeehaus.


Sitzt da wieder einer:
»Herr Ober, geben Sie mir etwas von diesem wundervollen Fisch!«
»Mein Herr, das ist...