Star Wars. X-Wing. Operation Eiserne Faust

von: Aaron Allston

Blanvalet, 2012

ISBN: 9783641077440 , 416 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 7,99 EUR

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Star Wars. X-Wing. Operation Eiserne Faust


 

1


Er machte gar nicht erst den Versuch, den Eindruck eines vollständigen Menschen zu erwecken. Wahrscheinlich war er als Mensch geboren worden, aber jetzt waren sein rechter Arm und beide Beine durch mechanische Gliedmaßen ersetzt – deutlich erkennbare Prothesen ohne eine hautähnliche Abdeckung darüber, um ihre künstliche Natur zu verbergen, und die rechte obere Hälfte seines kahlen Schädels war eine glänzende Metallfläche mit einem Computerinterface.

Er versuchte auch nicht den Eindruck zu erwecken, freundlich zu sein. Er ging auf die Angehörigen der Gespensterstaffel zu, die in ihre Nische zusammengequetscht dasaßen, griff sich, ohne vorher irgendeine Drohung von sich zu geben oder sich sonstwie zu äußern, eine Weinflasche vom Tisch nebenan und schlug sie Knirps Ekwesh über den Schädel.

Die Flasche zerbrach nicht. Sie gab einen fast musikalisch klingenden Ton von sich, aus ihrem offenen Hals spritzte ein wenig Wein, und Knirps, der pelzbedeckte Alien mit dem langen Gesicht und den großen Zähnen, sackte einfach auf seinem Platz zusammen und verdrehte die Augen.

Die meisten Mitglieder der Gespensterstaffel konnten sich nicht bewegen — neun Piloten, die zusammengedrängt in einer runden, nur für fünf Personen gebauten Nische saßen, hatten kaum Bewegungsfreiheit. Aber Kell Tainer, der auf der Knirps gegenüberliegenden Seite des Kreises saß, fuhr in die Höhe.

Statt sich von vorn auf den Angreifer seines Staffelkameraden zu stürzen, statt mit der Faust auszuholen, um den Mann niederzuschlagen, glitt er seitwärts auf sein Ziel zu und traf den Cyborg mit einem gezielten Schlag unter dem Kinn, so daß der in die Höhe gerissen wurde und dann zu Boden krachte.

Die meisten seiner Staffelkameraden hatten sich inzwischen hinter Kell aus der Nische herausgezwängt. Andere Gäste der Bar, menschliche und andere, waren ebenfalls aufgesprungen, und ihre verstörten Blicke ließen erkennen, daß sie sich noch nicht ganz klar darüber waren, ob sie sich an dieser traditionellen Form des in Bars üblichen Zeitvertreibs beteiligen sollten.

Commander Wedge Antilles, der Anführer der Staffel, blieb sitzen. Er sah nur seinen Staffelarzt an, Ton Phanan, einen immer irgendwie spöttisch wirkenden Mann mit sauber gestutztem Backen- und Schnurrbart und einer Prothesenplatte über der linken Kopfhälfte. »Wie geht es ihm?«

Phanan schüttelte den Kopf und ließ die Finger vorsichtig über den Kopf von Knirps gleiten. »Ich glaube nicht, daß etwas gebrochen ist. Wahrscheinlich bloß eine Gehirnerschütterung. Wir wissen ja schließlich, daß er einen harten Schädel hat.«

Der Cyborg hatte sich inzwischen wieder hochgerappelt. Er und Kell standen in einem seltsamen Kontrast. Der Cyborg sah wie das Produkt eines fatalen Zusammenstoßes zwischen einem Gleiter und einem Fußgänger aus, geradeso, als hätte ein wahnsinniger Mechaniker seine übriggebliebenen Teile zusammengeflickt, während Kell mit seinen klassischen blauen Augen und den fein gemeißelten Gesichtszügen, der Eindruck gebietenden Größe und seiner nicht zu übersehenden sportlichen Kondition wie ein Holoplakat für die Anwerbung von Soldaten aussah. Ihr Lächeln freilich war völlig identisch: humorlos, kalt, drohend.

Der Cyborg griff in die nächste Nische, ohne auf die dort sitzenden Gäste Rücksicht zu nehmen, die sich kreischend wegduckten, und riß den im Boden verschraubten Tisch aus seiner Verankerung. Er holte damit aus und ließ ihn dann so schnell kreisen, wie kein Mensch es gekonnt hätte, aber Kell duckte sich weg, rollte sich unter dem Tisch durch, kam keine Handbreit vor dem Cyborg hoch und versetzte dem Angreifer schnell hintereinander zwei gezielte Schläge in den Unterleib. Der Cyborg taumelte zurück, und Kells Fuß zuckte vor und trat ihm den Tisch derartig gekonnt aus den Händen, daß die Bewegung fast beiläufig wirkte.

Die übrigen Gäste der Bar schienen jetzt zu einer Art Konsens gelangt zu sein: Sie hielten sich aus dem Streit heraus und begannen damit, Wetten abzuschließen. Wedge schien das für klug zu halten und nickte weise. Die Gespenster trugen zwar Zivilkleidung, aber es war offensichtlich, daß sie sich in Spitzenkondition befanden, und die anderen Gäste gingen wahrscheinlich davon aus, daß Kell ein typisches Ergebnis ihrer Nahkampfausbildung war und nicht etwa einer ihrer Besten.

Piggy, der gamorreanische Pilot, lehnte sich an den Tisch der Gespenster, um das weitere Geschehen zu verfolgen – soweit der rauchige Dunst, der die Bar bis in Brusthöhe füllte, das überhaupt zuließ. Er sah sich nach Knirps um. »Ist er verletzt?« Seine Stimme kam als unverständliches Grunzen, aber fast gleichzeitig als elektronische Worte heraus, die von einem beinahe unsichtbar in seinem Kehlkopfbereich implantierten Lautsprecher erzeugt wurden.

»Das fragt jeder«, beklagte sich Phanan. Er hatte jetzt die Untersuchung von Knirps’ Schädel abgeschlossen und leuchtete dem Ohnmächtigen mit einer kleinen Taschenlampe nacheinander in beide Augen. »Statt daß einer einmal sagen würde: >Sieht ja schlimm aus! Hoffentlich entsteht bei dem Arzt kein emotionaler Schaden, wenn er sich mit so etwas abgeben muß.< Er kommt jetzt wieder zu sich. Ich nehme an, er wird die nächsten paar Tage ein wenig benommen sein. Ich muß nachlesen, welche Auswirkungen Gehirnerschütterungen bei seiner Spezies haben.«

Der nächste Schlag des Cyborgs, der zweite Teil einer geschickten Kombination von Schlägen, traf Kell in der Magengegend, aber der hünenhaft gebaute Mann hatte sich halb zur Seite gedreht, damit dem Schlag viel von seiner Wucht genommen und seinerseits den Schwung der Drehung dazu benutzt, seine eigene Reaktion zu verstärken, einen gut gezielten Tritt, der den Cyborg am Brustbein traf, woraufhin er mit empörter Miene nach rückwärts taumelte. Kell krümmte sich und hielt sich den Leib, und als er sich wieder aufrichtete, konnte man ihm ansehen, welche Schmerzen er litt.

Dann füllte sich die Bar mit Uniformen — ein Strom von Männern und Frauen strömte zum Eingang herein, alle in der Uniform der Militärpolizei der Neuen Republik.

Wedge seufzte. »Die waren ja ziemlich schnell da.«

Phanan hielt Knirps ein kleines, rosafarbenes, mit einer Flüssigkeit gefülltes Fläschchen unter die breite, platte Nase. Die Nasenflügel des Nichtmenschen weiteten sich, und er zuckte reflexartig zurück. »Ganz ruhig, Knirps«, sagte der Staffelarzt. »Dort, wo wir jetzt hingehen, kannst du dich ein paar Stunden lang ausruhen. Und zwar in Gesellschaft netter Leute, darauf wette ich.«

Wegde grinste.

 

Die Militärpolizei führte sie aus der verräucherten Bar in die kaum weniger unangenehme Atmosphäre Coruscants hinaus. Es regnete, ein stetiger Strom von Flüssigkeit, die sich wie drei Viertel Regenwasser und ein Viertel Schmiermittel anfühlte. Wedge blickte auf und versuchte, irgendwo wenigstens einen Fetzen Farbe als Hinweis auf den Himmel von Coruscant zu entdecken, aber das einzige, was er zu sehen bekam, waren an Klippen erinnernde Gebäudefassaden, die sich bis in die Unendlichkeit zu erstrecken schienen. Vordächer, Hochstraßen, Brücken zwischen Wolkenkratzern und andere Hindernisse versperrten jegliche Sicht auf die Wolkenwand über ihnen, und doch strömte unablässig der Regen herab, der größte Teil vermutlich aus Dachrinnen, Abflüssen und Öffnungen weit über ihnen.

Tyria Sarkin, die schlanke Frau mit dem blonden Pferdeschwanz, verzog das Gesicht. »Es wäre wirklich nett, einmal auf einer sauberen Welt stationiert zu werden«, sagte sie.

Dann sah sie, wie einer der Militärpolizisten gestikulierend auf den wartenden Gleiter wies, ein fensterloses Fahrzeug, das für den Transport von Gefangenen bestimmt war, und folgte den anderen Gespenstern in die Richtung, die der Mann wies. Phanan, der den immer noch benommenen Knirps stützte, schloß sich ihr an, und Wedge und der Cyborg, der den ganzen Ärger verursacht hatte, bildeten die Nachhut.

An der Spitze der kleinen Gruppe las Face Loran, der ehemalige Schauspieler, dessen Gesicht jetzt von einer von seiner linken Wange bis zur rechten Stirnpartie reichenden roten Narbe verunziert war, das Namensschild des MP neben ihm. »Thioro«, sagte er. »Das ist ein corellianischer Name, nicht wahr?«

Der Beamte nickte. »Ich komme von Corellia. Dort geboren und aufgewachsen.«

Face drehte sich zu Wedge herum und lächelte. »Ah, genauso wie unser Empfangskomitee auf M 2398, nicht wahr, Commander?«

Wedge schaffte es, sich nichts anmerken zu lassen. Das »Empfangskomitee« auf dem Mond des dritten Planeten von System M 2398 hatte nicht aus Corellianern bestanden. Tatsächlich hatte es sich dabei um eine Falle gehandelt, eine Aufforderung zum Landen, die sich als gefährlicher Hinterhalt erwiesen hatte. Wedge nickte. »Genau, Face. Und genauso wie damals bin ich dein Flügelmann.«

Wedge sah die Blicke, die zwischen den Gespenstern hin und her gingen, und wußte, daß sie jetzt alle wachsam und bereit waren — mit Ausnahme vielleicht des benommenen Knirps. Face war damals nicht der Flügelmann von Wedge gewesen. Face wußte jetzt, daß Wedge auf seinen nächsten Schritt wartete.

Face ging ein wenig schneller, arbeitete sich zwischen seinen Gespensterkollegen nach vorn, bis er an der Spitze der Doppelreihe von Gefangenen angelangt war, unmittelbar hinter den beiden ersten Militärpolizisten. Sie hatten jetzt den Gefangenengleiter erreicht, und Face nickte, als man ihm bedeutete, er solle einsteigen – und schlug zu, hieb einem der MPs die Faust gegen den Hals und sprang dann...