Star Wars. Luke Skywalker und die Schatten von Mindor

von: Matthew Stover

Blanvalet, 2012

ISBN: 9783641078027 , 384 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

Windows PC,Mac OSX für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones

Preis: 9,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Star Wars. Luke Skywalker und die Schatten von Mindor


 

Einsatzbesprechung


LORZ GEPTUN stand vor der Tür des Kommandoraums und musste schlucken. Dies war wirklich zu viel: zu Luke Skywalker persönlich gerufen zu werden! Einem Jedi. Und nicht nur irgendeinem Jedi, sondern dem Sohn von Anakin Skywalker. Und Geptun würde ihm gegenüberstehen. Von Angesicht zu Angesicht!

Er zupfte am Kragen seiner Uniform und steckte einen Finger hinein, um den Stoff eine Spur zu dehnen. Er verzog das Gesicht, weil er diese schlichte Aufgabe so schwierig fand; sein Schneider hatte sich doch sicher verrechnet – wieder einmal –, denn er konnte ja wohl kaum so viel zugenommen haben, seit diese Uniform genäht worden war. Oder doch? In … wie lange war das her, drei Standardmonaten? Ein Mann im zugegebenermaßen fortgeschrittenen Alter – er würde die Siebzig nicht wiedersehen – sollte sich längst auf eine Größe festgelegt haben und es dabei belassen.

Geptun hatte nicht viel für Ausgehuniformen übrig. Er hatte seine alte vor Jahrzehnten auf seinem Heimatplaneten gelassen, damals, als der Klonkrieg ausbrach, und sie gegen Zivilkleidung ausgetauscht; in diesen Tagen war der Geheimdienst der Republik eine Organisation gewesen, die überwiegend verdeckt gearbeitet und Uniformen nicht gebraucht hatte. Und nicht lange nachdem der Geheimdienst der Republik zum imperialen Geheimdienst geworden war, war er ausgeschieden, denn seine Ermittlungen über die so genannte Jedi-Rebellion hatten zu viel von gewissen Wahrheiten ans Tageslicht gefördert, sodass seine imperialen Vorgesetzten es vorgezogen hatten, sie zu verheimlichen, und einige Jahre war er gezwungen gewesen, sich als freischaffender Informationsmakler durchzuschlagen, während er sein Bestes tat, nicht die Aufmerksamkeit des Imperiums zu erregen.

Schließlich hatte er seine Dienste der Rebellenallianz angeboten. Obwohl er wenig für Politik übrighatte – seine wichtigste politische Überzeugung war ein ausgeprägtes Interesse an seiner eigenen Sicherheit und Bequemlichkeit –, war ihm doch klar geworden, dass die Regierung, die die Rebellen einsetzen wollten, ihm dank ihrer jugendlich-amateurhaften Schludrigkeit viel mehr Möglichkeiten bieten würde, seinen Weg auf seine eigene Weise zu machen. In anderen Worten, er würde im lukrativen Schatten außerhalb offizieller Überwachung leben und arbeiten können.

Was die Ironie seiner derzeitigen Situation nur noch verschärfte.

Er seufzte. Nichts verläuft jemals so, wie wir das wollen, wie? Aber das bedeutet nicht, dass man es nicht in einen Vorteil verwandeln kann. Er seufzte abermals und hob die Hand, um den Türsummer auszulösen – aber bevor er das tun konnte, glitt die Tür auf, und eine Stimme, die erheblich älter und müder klang, als Geptun erwartet hätte, sagte: »Inspektor Geptun! Bitte kommen Sie herein.«

Wieder verzog Geptun das Gesicht. Er hatte sich in diesen letzten zwanzig Jahren an eine Galaxis ohne Jedi gewöhnt. Und er war nicht vollkommen sicher, ob er sich über ihre Rückkehr freute.

Er holte tief Luft und stapfte durch die Tür. »General Skywalker«, sagte er mit einer angedeuteten Verbeugung – kein Salut, da der Justizdienst sich außerhalb der militärischen Kommandokette befand – und einem freundlichen Lächeln. »Wie kann ich Euch dienen?«

Der junge General saß auf der Schreibtischkante, den Kopf gesenkt und die Hände vor sich gefaltet. Er trug bequem sitzende Zivilkleidung von ernstem Schwarz, ganz im Stil, den sein gefeierter Vater so berühmt gemacht hatte. Geptun war verärgert. Wenn er gewusst hätte, dass Skywalker keine Uniform tragen würde, wäre er in einem bequemen Blazer zu dieser Besprechung gekommen statt in diesem elenden Jookley-Anzug.

Skywalker hob den Kopf, als hätte er Geptuns Ärger gespürt – was durchaus möglich war, erinnerte sich Geptun. Verdammte Jedi. »Inspektor Lorz Geptun«, sagte Skywalker leise. »Ich weiß ein bisschen über Sie, Inspektor. Sie waren ein Militärgouverneur und Direktor des planetaren Geheimdienstes für die Separatisten während des Klonkrieges.«

Geptuns zu enger Kragen schien sich plötzlich noch enger zusammenzuziehen. »Kurz zu Beginn des …«

»Dann waren Sie ein republikanischer Spion.«

»Nun ja …«

»Und danach haben Sie davon gelebt, Ziele für Kopfgeldjäger auszuloten.«

»Nicht ausschlieηßlich für …«

»Und jetzt sind Sie ein Ermittler der Justizbehörde. Aber bei all dem gibt es eine Konstante. Sie verfügen über eine bestimmte Begabung.«

»Tatsächlich?«, fragte Geptun vorsichtig.

»Sie sind ziemlich gut, wenn es darum geht, die Wahrheit herauszufinden.«

Geptun entspannte sich. »Nun, ja, danke für …«

»Und damit Geld zu verdienen.«

»Hm.« Er räusperte sich, aber ihm fiel nicht ein, was er darauf sagen sollte.

Skywalker schob sich vom Schreibtisch weg. Er wirkte müde und hatte mehr Falten im Gesicht, als Geptun von einem Jungen von fünfundzwanzig erwartet hätte. Er sah aus, als hätte er schon tagelang nicht mehr geschlafen. Seine Bewegungen waren ein wenig unsicher, und die Ringe unter seinen Augen hatten ein schattenhaftes Violett – aber sie waren nichts, verglichen mit den Schatten in seinen Augen. »Das ist es, was ich über Sie weiß. Was wissen Sie über mich?«

Geptun blinzelte. »General?«

»Kommen Sie schon, Inspektor.« Skywalker klang noch müder, als er aussah. »Alle wissen irgendwas über mich. Was wissen Sie

»Ach, nur das Übliche – Tatooine. Yavin. Endor, Bakura, der erste und der zweite Todesstern …« Geptun erkannte, dass er nur schwafelte, und verstummte.

Skywalker nickte. »Ja. Das Übliche. Die Geschichten. Die Presseveröffentlichungen. Das Problem ist, dass diese Geschichten und Presseveröffentlichungen wirklich nichts mit mir zu tun haben. Die drehen sich um den Mann, von dem alle wollen, dass ich es bin.«

Geptun betrachtete ihn argwöhnisch und spürte, dass man ihn auf gefährlichen Boden manövriert hatte. »Ich fürchte«, sagte er langsam, »dass ich nicht begreife, worauf Ihr hinauswollt.«

Skywalker nickte mit einem tiefen, müden Seufzer. »Das liegt daran, dass Sie nicht wissen, dass ich vor weniger als einem Monat etwa fünfzigtausend unschuldige Wesen ermordet habe.«

Geptun starrte ihn an, dann blinzelte er und räusperte sich abermals, als ihm klar wurde, was der junge Jedi meinte. »Ihr sprecht von Mindor.«

Skywalker schloss beinahe unwillkürlich die Augen und verzog das Gesicht, als sähe er auf der Innenseite seiner Lider etwas Schmerzliches. »Ja. Mindor. Ich sage etwa fünfzigtausend, weil ich die genaue Anzahl nicht kenne. Die Aufzeichnungen wurden zusammen mit dem System zerstört.«

»Nach dem, was ich gehört habe, kann man Euren Sieg in der Schlacht von Mindor wohl kaum als Mord betrachten …«

»Ja. Nach dem, was Sie gehört haben. Mehr Geschichten.«

»Nun ja, ich hatte gehört … Ich, äh …« Geptun hüstelte zierlich. »Was wünscht Ihr denn, was ich tun soll?«

»Sie sind ein Ermittler. Ich will, dass Sie Ermittlungen anstellen.«

»Über was?«

»Mindor.« Skywalker zog eine Grimasse. »Über mich.«

Er sah aus, als täte ihm etwas weh. Oder alles.

»Nun, ich, äh … hm.« Geptun konnte sich einige Möglichkeiten vorstellen, eine ordentliche Summe aus einem solchen Projekt zu beziehen. »Wenn es Euch nicht stört, dürfte ich fragen, wie mein Name in diesem Zusammenhang erwähnt wurde?«

Skywalker wandte den Blick ab. »Sie wurden von einem alten Freund empfohlen.«

»Tatsächlich? Und wie kam Euer Freund dazu …«

»Nicht mein Freund«, sagte Skywalker. »Ihrer. Er hieß Nick.«

»Nick?«, fragte Geptun stirnrunzelnd. »Ich kenne keinen …«

»Er sagte, ich solle Ihnen das hier geben.« Skywalker hatte einen hakenförmigen, metallisch aussehenden Gegenstand in der Hand. »Vorsichtig! Es ist scharf.«

Geptun nahm den Gegenstand entgegen – und sobald er seine Handfläche berührte, wurde seine Erinnerung überflutet von Bildern eines dunkelhäutigen Mannes mit kurz geschnittenem Haar, einem dreisten Grinsen und erstaunlich blauen Augen. »Nick Rostu, flüsterte er. »Ich habe seit … seit Jahren … nein, seit Jahrzehnten nicht mehr an Nick Rostu gedacht. Ich nahm an, er wäre tot.«

Skywalker zuckte die Achseln. »Vielleicht ist er das.«

»Das verstehe ich nicht.« Aber er verstand, zumindest ein wenig. Der Gegenstand in seiner Hand stammte von seinem – und Nick Rostus – Heimatplaneten.

Es war ein Messingranken-Dorn.

»Er hatte also recht, was das anging.« Skywalker nickte zu dem Dorn hin. »Er sagte, Sie könnten Gegenstände deuten. Sie könnten sie berühren und Dinge über ihre Besitzer spüren.«

Geptun zuckte mit den Schultern. Was hatte es schon für einen Sinn, das abzustreiten? »Es ist eine eher unwichtige Begabung – aber nützlich für einen Analytiker im Geheimdienst.«

»Oder einen Ermittler.«

Geptuns Nicken gab nichts preis. »Was sonst hat Rostu Euch über mich gesagt?«

»Er sagte, dass Sie bösartig sind. Käuflich und korrupt. Dass Sie keine Spur von Anständigkeit haben und etwa so viel menschliche Gefühle wie eine Gletschereidechse.«

Geptun nickte zerstreut. »Das klingt wirklich nach Rostu …«

»Er sagte auch, dass Sie jede Menge Mumm haben, dass Sie der intelligenteste Bursche sind, dem er je begegnet ist, und dass Sie niemals, niemals aufgeben, wenn Sie erst einmal mit einer bestimmten Sache angefangen haben. Sie mögen die...