Perry Rhodan 2988: Die HARUURID-Mission - Perry Rhodan-Zyklus 'Genesis'

von: Michelle Stern

Perry Rhodan digital, 2018

ISBN: 9783845350882 , 64 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 1,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Perry Rhodan 2988: Die HARUURID-Mission - Perry Rhodan-Zyklus 'Genesis'


 

1.

Leerraumgerüchte

Abelone Jochanson

 

Ein Raunen geht von da nach dort, verbreitet sich wie ein Lauffeuer in den Gängen, Hallen und Unterkünften. Wortfetzen fliegen ungehindert wie Vögel durch Kantinen, Wartungsschächte und hydroponische Gärten, stoßen Denkprozesse an, lassen Zweifel gären und Sorgen wachsen. Es ist ein stetiger Regen, der den Boden der Sicherheit aufweicht, die Selbstverständlichkeit in einen Morast verwandelt, das Vertrauen wegschwemmt.

»Hast du schon gehört ...?«

»Hast du die Aufzeichnungen von dem toten Leibwächter gesehen?«

»Weißt du ...«

»Gefoltert? Nein! Wie kann das sein?«

»Bist du sicher?«

»Unmöglich!«

Es wispert und tuschelt, flüstert und rumort. Gerüchte verbreiten sich, unsichtbar wie vergiftete Luft. Kein Prallschirm, kein Schott hält sie auf.

Abelone Jochanson hört sie, lauscht ihnen, sammelt sie wie andere Gäonen seltene Muscheln oder leere Schneckenhäuser, um sie im All auf dem Nachttisch in der Kabine aufzubewahren. Ihre Sammlung wächst von Stunde zu Stunde. Stetig kommen neue Aussagen und Gedankengänge hinzu.

»Puoshoor ist nicht der Garant!«

»Wie willst du das wissen?«

»Sein Handeln verrät ihn! Wäre er der rechtmäßige Gondu, hätte er sich gar nicht erst mit seiner Zwillingsschwester getroffen! Er hätte jeden Kontakt verweigert!«

»Es ging ihm um das Gondische Privileg, das echte Privileg ... Er musste es in seinen Besitz bekommen.«

»Sie haben Puorengirs Gedächtnis ändern wollen. Ja, wirklich! Ich weiß es von einem, der dabei war. Der Freund eines Freundes. Ein Gäone, ja. Er hat es gesehen! Puoshoor wollte seine Zwillingsschwester brechen! Sie mit Gewalt zu seinem Werkzeug machen! Stell dir das vor! Und das innerhalb der Familie!«

»Der Garant ist geflohen ... Er flieht vor dem Weltenbrand ...«

» ... er hat ihn verursacht ... wie die Haluter-Pest ...«

»Oh ja, es gibt diese Neue Gilde, von der Syllester Ford erzählt hat! Es muss sie geben! Puoshoor führt sie an!«

»Puorengir hat Wahnvorstellungen ...«

»Sie hat ihren Vater ermordet.«

»Sie ist unschuldig.«

»Schuldig!«

»Ein Monster!«

»Es soll einen Anschlag auf ihr Leben gegeben haben. Warum, wenn sie nicht die rechtmäßige Gonda ist? Wieso sollte Puoshoor eine harmlose Spinnerin hinterrücks ermorden lassen?«

»Er war es! Er benutzt die Gäonen, führt sie gegen das eigene Reich!«

»Aber nein! Puoshoor ist ein Held! Er verkörpert den Glanz des Goldenen Reiches! Wir müssen jetzt zu ihm stehen! Ihm den Bauch schützen! Er wird die Milchstraße erobern und sie vom Weltenbrand befreien!«

Gerüchte, Vermutungen, Diskussionen hinter vorgehaltener Hand.

Jochanson weiß nicht, was sie davon halten, wie sie das Geschehen einschätzen soll. Was ist wahr? Wer hat recht? Ihre Sammlung wächst – und verwirrt sie wie ein Mosaik, in dem die wichtigsten Steine fehlen.

Die drängendste Frage ist: Ist Puoshoor der rechtmäßige Gondu? Oder war er es, der seinen Vater ermorden ließ, und der sich nun das echte Gondische Privileg angeeignet hat? Dient sie einem Betrüger?

Sie denkt an Abel Moore, klein, drahtig. Ein Elitesoldat, wie er besser nicht rekrutiert werden kann. Der beste seines Jahrgangs, der Überflieger, der keine Karriereleiter braucht, weil er Flügel hat. Aber unter der Oberfläche aus Stärke und gäonischer Überlegenheit ist es in den letzten Wochen hohl geworden wie in einer von Insekten zerfressenen Frucht. Was ist mit Moore geschehen? Wodurch wurde sein Inneres zersetzt, als hätte man Säure in ihn hineingekippt? Stecken die Thoogondu dahinter? Gibt es einen Zusammenhang?

Sie kann diese Fragen nicht beantworten. Aber sie kann nach Antworten suchen. Antworten, die es geben muss.

 

 

Perry Rhodan

 

Perry Rhodan materialisierte in der Gegenstation des Hooris-Transmitters. Silberne Kristalle schwebten in einem Kreis auf Kopfhöhe. Beinahe die Hälfte von ihnen war erloschen oder im Erlöschen begriffen. Der schimmernde Glanz verlor sich, wurde zu einem stumpfen Grau, das nach und nach in Schwarz überging.

Die winzigen Kristalle steckten in transparenten Fassungen. Prallfelder hielten sie fest. Sie fütterten eine schwächer werdende Lichtquelle, die unruhig zuckte, als wäre sie etwas Lebendiges. Auf dem Boden verloren sich wabernde Leitungselemente. Sie schienen nicht ganz in dieser Dimension verankert, wurden immer dünner, während ihre Konturen verblassten.

Rhodan blickte von einer runden, von unheimlichem Licht erhellten Plattform hinunter in eine weitgehend leere und dunkle Halle, vermutlich ein Lager. Obwohl weder der silbergraue Boden noch die eintönig graue Decke direkt darauf hinwiesen, hatte er das Gefühl, in einem Raumschiff zu stehen. Vielleicht lag es an der Luft, der jeder besondere Geruch fehlte. Sie wirkte aufbereitet. Ihr fehlten die typischen Duftnoten eines Planeten, der Geschmack nach feuchter Erde oder Salz.

Während Rhodan sich einen Überblick verschaffte, wartete er auf die beiden letzten Mitglieder des Teams, Koc und Prompt, doch sie folgten ihnen nicht. Offensichtlich hatten sie es nicht geschafft. Rhodan konnte nur hoffen, dass sie an Bord der DAAIDEM geblieben und nicht beim Transport zur Gegenstation im Nirgendwo verweht waren.

Er tauschte einen Blick mit den anderen: Monkey, Trant und Galouye nickten stumm. Auch ihnen war klar, was geschehen sein musste, doch es war nicht der Zeitpunkt, darüber zu spekulieren, was genau es bedeutete. Sie waren auf feindlichem Boden.

»Wo sind wir?«, fragte Spartakus Galouye. Der Epsaler und Raumlandekommandant war angespannt. An seinem breiten Hals trat eine pulsierende Ader hervor. Er kniff die dunklen Augen zusammen. Hinter dem Helmvisier wirkte er blasser als ohnehin. Die gezackte Narbe am Kinn war kaum mehr zu sehen.

»Bin dabei, es herauszufinden!«, rief Orla Trant. Die Technobiologin ging vom Empfangsfeld zu einem der schwebenden Kristalle. Erst begriff Rhodan nicht, was sie vorhatte, dann erkannte er, dass dieser Kristall gar keiner war, sondern eine Art schwebende Kontrollstation des Transmitters.

Durch eine Berührung Trants erwachte ein Holo zum Leben. Womöglich würde Trant im Bedienmenü auf Koordinaten stoßen. Während sie sich über die Eingabe beugte, kam sie Rhodan trotz der breiten Schultern schmal vor. Zwischen Galouye und Monkey wirkte jeder zerbrechlich.

Monkey schaute sich um, dabei klickten seine künstlichen Augen leise, als würde es darin mechanisch arbeiten. »Von Puoshoor ist nichts mehr zu sehen, nicht mal Wärmespuren.«

Rhodan fühlte sich unwohl in der leeren Halle. Sie standen mitten auf dem berüchtigten Präsentierteller. Trotz ihrer speziellen SERUNS musste er davon ausgehen, dass ihre Feinde von der Ankunft wussten. Die Transmitteraktivierung war sicherlich bemerkt worden. Allein Monkey wog über siebenhundert Kilogramm. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hatten die internen Sensoren ihr Auftauchen registriert.

»Wir sollten aus diesem Raum verschwinden!«, sagte er.

»Zu spät«, sagte Monkey. »Wir bekommen Besuch!« Er zog zwei Strahler. Gleichzeitig sprangen die Schutzschirmgeneratoren an.

Der SERUN zeigte die Annäherung mehrerer Roboter. Sie kamen von allen vier Raumseiten, nutzten die beiden gegenüberliegenden Gleittüren ebenso wie die Wände, aus denen sie sich herausschälten, als hätten sie im Inneren auf den Einsatz gewartet. Es waren Dutzende.

»Was jetzt?«, fragte Trant. Die Technobiologin ging vom Bedienfeld fort. »Zurück durch den Transmitter?«

»Unmöglich.« Rhodan wusste, dass sie diese Chance nicht mehr hatten. Das zuckende Licht der Kristalle erstarb immer schneller. Inzwischen waren über die Hälfte der winzigen Steine erloschen. Die Aktivierung von dieser Seite aus war blockiert.

Balkenroboter strömten in die Halle, traten vollständig aus grauen Paneelen hervor und rückten ins fahle Gelb unterhalb der Plattform. Sie erinnerten an dreidimensionale Kreuze aus klobigen Brettern. Die Verbindungsstellen verdickten sich deutlich. An den konkaven Enden saßen winzige, energetische Werkzeuge und nicht ganz so winzige Waffenmündungen. Die Seiten starrten vor Ringen voller Sensoren, als könnten die Maschinen nicht genug Informationen aus der Umwelt saugen.

Die kleinsten Roboter waren wenige Zentimeter hoch, die größten an die zwei Meter. Sie sirrten unheilverkündend, ließen Rhodan an einen Insektenschwarm denken, der sich auf ein totes Tier stürzen wollte, um ihm mit den Mandibeln das Fleisch von den Knochen zu reißen. Abstrahlmündungen zielten auf die Transmitterplattform. Es gab keinen Zweifel, dass die kleine Gruppe trotz aktivierter Deflektorschirme aufgeflogen war.

»Sieh mal einer an«, murmelte Galouye. »Das ist deutlich mehr Aufmerksamkeit, als ich mir wünschen würde.«

Trant stellte sich zwischen Monkey und den Epsaler, sodass sie von deren breiten Körpern gedeckt war. Ihre Atemfrequenz wurde hektisch.

Immer mehr Roboter schwebten heran, eingehüllt in bläulich flimmernde Energieschirme, die den Raum schwach erhellten. Sie bildeten Kreise um das Abstrahlrund, wobei sie versetzte Positionen einnahmen, um ein freies Schussfeld zu haben.

»Wir sollten mithilfe der Anzüge zur Tür durchbrechen!«, rief Galouye. »Und zwar schnell!«

Monkey schwebte ein Stück in die Höhe. »Ich fliege vor und schieße den Weg frei. Wenn es sein muss, ramme ich kleinere Roboter zur Seite. Bleibt hinter mir, wenn ihr könnt.«

»Stopp!«, rief Rhodan. »Nicht schießen! Sie verhalten sich friedlich.«

»Bisher.«...