Nimue Alban: Codename: Merlin - Bd. 3. Roman

von: David Weber

Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, 2011

ISBN: 9783838709888 , 512 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 9,99 EUR

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Nimue Alban: Codename: Merlin - Bd. 3. Roman


 

"Juli, im Jahr Gottes 892 (S. 248-250)

.I. Königliche Hochschule, Stadt Tellesberg, Königreich Charis

Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete Rahzhyr Mahklyn das Blatt Papier, das auf seinem Schreibtisch lag. Obwohl die Glasschleifer ihm schon die besten Brillengläser angefertigt hatten, die sie nur herstellen konnten, wurde er doch im Alter zunehmend kurzsichtiger, und die matte Beleuchtung in diesem Raum war nicht gerade hilfreich. Die Öllampen waren mit dem feinsten Krakenöl befüllt, das man nur kaufen konnte, und die Reflektoren der Lampen waren auf Hochglanz poliert, doch es war immer noch nur ein schwacher Abglanz von echtem, natürlichem Sonnenlicht. Wenn ich natürlich zu einer vernünftigen Uhrzeit nach Hause gegangen wäre, könnte ich hieran bei Tageslicht arbeiten und müsste mir keine Gedanken um Lampen machen, nicht wahr?

Angesichts dieses Gedankens verzog er kurz die Lippen, vor allem, da er ganz genau wusste, dass ihm jeder seiner Kollegen genau das gesagt hätte - wenngleich vermutlich ein wenig schärfer formuliert, als er das selbst gerade innerlich getan hatte. Dennoch, und dabei schwand dieser Anflug eines Lächelns sofort wieder, gab es ja nun nichts, was auf ihn zu Hause wartete, seit seine Frau gestorben war. Ysbet war stets seine Gefährtin gewesen, ebenso eine Gelehrte wie er, und sie war zugleich auch seine beste Freundin gewesen, nicht nur seine Gemahlin - und das mehr als dreißig Jahre lang. Und wenn Mahklyn ganz ehrlich war, dann war ihr Tod einer der Hauptgründe dafür, dass er eben nicht nach Hause ging, wenn der Rest der Königlichen Hochschule für die Nacht ihre Pforten schloss.

Er seufzte und lehnte sich in seinem Sessel zurück; dann schob er sich die Drahtgestellbrille auf die Stirn und massierte sich müde den Nasenrücken. Dieses neue System ›arabischer Zahlen‹, das Merlin Athrawes im Königreich eingeführt hatte, hatte sich für die Handelshäuser und Manufakturen von Charis als echter Segen erwiesen. In vielerlei Hinsicht war dieser ›Abakus‹ sogar noch hilfreicher gewesen, und doch war sich Mahklyn fast sicher, dass niemand außerhalb der Königlichen Hochschule bereits begriffen hatte, was diese Veränderungen noch alles ermöglichten. Sogar in der Heiligen Schrift und in den Offenbarungen gab es einige Passagen, die erst jetzt allmählich Sinn für ihn ergaben: Sie deuteten auf verschiedene mathematische Operationen hin, die er mit Hilfe der alten, deutlich schwerfälligeren Schreibweise niemals hätte ausführen können.

Die Möglichkeiten, die sich mit dieser neuen Schreibweise ergaben, waren wahrhaftig beeindruckend, auch wenn Mahklyn vermutete, dass nur eine kleine Gruppe ›alter Knacker‹ wie er selbst und einiger seiner Kollegen an der Hochschule bereits zu würdigen wussten, welche Perspektiven sich ihnen damit nun eröffneten. Bislang, zumindest. Doch wenn er sich nicht sehr täuschte, würde sich das schon bald ändern. Alleine schon die Möglichkeit, präzise Aufzeichnungen anzufertigen und tatsächlich zu begreifen, was diese Zahlen eigentlich wirklich bedeuten, und mitansehen zu können, wie sie sich im Laufe der Zeit verändern, wird Könige und Kaiser umdenken lassen. Ich frage mich allen Ernstes, ob selbst Cayleb und Ironhill zu schätzen wissen, welche Vorzüge sich für ihre Angestellten und Quartiermeister ergeben - von der Schatzkammer einmal ganz abgesehen!

Nun ja, wenn es überhaupt jemanden gab, der das bereits jetzt begriff, dann war das zweifellos Cayleb. So wenig er selbst auch an der ›reinen Gelehrsamkeit‹ interessiert war, so sehr war er doch der Sohn seines Vaters - in so vielerlei Hinsicht, dass es fast schon erschreckend war -, und seine Majestät hatte bereits unmissverständlich erklärt, er wolle die Königliche Hochschule auch weiterhin unterstützen. Tatsächlich hatte er sogar das Angebot unterbreitet, die gesamte Hochschule aus ihrem schmalen, engen, heruntergekommenen und wackligen Gebäude - einem ehemaligen Bürogebäude mit einem angrenzendem Lagerhaus im Hafengebiet - in luxuriöse neue Unterkünfte im Palast von Tellesberg selbst umziehen zu lassen."