Handbuch der Allgemeinen Psychologie - Kognition

von: Joachim Funke, Peter A. Frensch

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2006

ISBN: 9783840918469 , 825 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: DRM

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Preis: 52,99 EUR

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Handbuch der Allgemeinen Psychologie - Kognition


 

Handlungsplanung und -steuerung: Überblick, Definitionen und methodische Ansätze (S. 497-498)

Planning and Control of Action: Overview, Definitions and Methodological Approaches
Iring Koch, Günther Knoblich & Wolfgang Prinz
1 Einleitung
Das vorliegende Kapitel gibt eine Einführung in die kognitionspsychologische Forschung zu den Mechanismen der Handlungsplanung und -steuerung.

Definition:
Eine Handlung kann definiert werden als ein Verhalten, das auf ein Ziel gerichtet ist. Im Vergleich dazu ist eine Reaktion ein Verhalten, das durch einen Reiz ausgelöst wird.

Zwischen Handlungen und Reaktionen besteht in der kognitionspsychologischen Forschung eine konzeptuelle Kluft. Zunächst wird beschrieben, welches theoretische Problem dieser Kluft zu Grunde liegt, und es wird diskutiert, wie diese Kluft überbrückt werden kann. Danach werden exemplarisch methodische Ansätze dargestellt, mit denen die Mechanismen der Handlungsplanung und -steuerung untersucht werden können. Zuletzt folgt ein Ausblick auf offene theoretische Fragen und Probleme.

2 Von der Reaktion zur Handlung und Aufgabe
Kognitionspsychologische Handlungsforschung wurde bereits vor gut hundert Jahren von den Mitgliedern der Würzburger Schule, vor allem von Narziss Ach, durchgeführt (vgl. Prinz, 2000). Die Grundidee war, dass Handlungen durch Zielvorstellungen determiniert werden. Zielvorstellungen sind allerdings nicht direkt beobachtbar, so dass ihre Erforschung während der Blütezeit des Behaviorismus in Ungnade gefallen war. Der Behaviorismus fokussierte stark auf die Untersuchung von Verhalten, das sich durch die Wirkung eines in der Umwelt unmittelbar gegebenen Reizes erklären lässt. Die Handlung wurde also zur bloßen „motorischen Reaktion“ degradiert, die auf äußere Reize hin konditioniert wurde. Entsprechend dieser starken Betonung der Assoziation von Reiz und Reaktion ist das Konzept der Zielvorstellung in assoziationistischen Modellen des Lernens und Verhaltens in den Hintergrund gerückt. Gleichwohl wurde die Rolle von Zielvorstellungen in diesen Modellen immer theoretisch kontrovers diskutiert. Diese Diskussion bezieht sich vor allem auf die Frage, ob und inwiefern die Antizipation von „Verstärkung“, gleichsam als non-mentalistisches Analogon der Zielvorstellung, in die lernabhängig gebildeten assoziativen Strukturen integriert wird (vgl. Koch, 2002). Mit dem Siegeszug der „kognitiven Revolution“ wurden nicht direkt beobachtbare hypothetische Konstrukte, insbesondere mentale Repräsentationen, auch im theoretischen „Mainstream“ wieder salonfähig. Gleichwohl ist die Erforschung der Mechanismen der Planung und Steuerung von (zielorientierten) Handlungen vom kognitivistischen Forschungs-Mainstream weitgehend getrennt geblieben. Diese Kluft ist darin begründet, dass auch die Kognitionspsychologie Verhaltenssteuerung in den Mechanismen der Verarbeitung aktueller Reize begründen will, während das theoretische Konzept der Handlung eine Steuerung durch zukünftige Reize, nämlich intendierte Zielzustände, vorsieht.

Traditionell fokussiert die moderne kognitive Psychologie vor allem auf die mentale Repräsentation der Umwelt, d. h. von Reizen. So wird in klassischen Stufenmodellen der Informationsverarbeitung angenommen, dass reizbezogene Information in einer seriellen Abfolge von Verarbeitungsschritten (bzw. Stufen) kodiert und transformiert wird (vgl. Sanders, 1998, für einen Überblick). In solchen Modellen findet also eine Transformation von Stimulus-Codes in Reaktions-Codes statt, und die Reaktion bleibt letzten Endes ein reizgesteuertes motorisches Verhalten. Die Steuerung des Verhaltens durch Zielvorstellungen ist in solchen Modellen nicht vorgesehen (Prinz, 1998). Ein Grund dafür ist vermutlich, dass sich Reize in der Tradition des methodologischen Behaviorismus leicht manipulieren lassen, während sich diese Manipulation in Bezug auf nicht direkt beobachtbare Zielvorstellung ungleich schwieriger gestaltet.

Einen alternativen theoretischen Rahmen für die kognitionspsychologische Handlungsforschung bildet das ideomotorische Prinzip. Dieses Prinzip wurde Ende des 19. Jahrhunderts von William James popularisiert und in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wieder aufgegriffen. Es besagt, dass Handlungen durch die Vorstellung ihrer lernabhängig antizipierten sensorischen Effekte gesteuert werden, also durch Zielvorstellungen (Überblicke z. B. bei Knoblich & Prinz, 2005, Koch, Keller & Prinz, 2004, Prinz, 1998). Die mentalen Repräsentationen von Handlungen bestehen demnach in Codes, die Reize spezifizieren, die mit dem erfolgreichen Erreichen eines Ziels einhergehen. Die postulierten Codes beziehen sich also auf intendierte und antizipierbare Handlungs-Effekte (vgl. Hoffmann, 1993).