Ein frivoler Plan

Ein frivoler Plan

von: Bronwyn Scott

CORA Verlag, 2010

ISBN: 9783942031837 , 256 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 3,99 EUR

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Ein frivoler Plan


 

1. KAPITEL

London, Anfang Mai 1829

Sie würde sich nicht verkaufen lassen wie eine preisgekrönte Stute bei Tattersall’s! Ungläubig ließ die elegant frisierte Julia Prentiss den Blick hin- und herwandern zwischen ihrem Onkel Barnaby und Mortimer Oswalt, dem lüsternen alten Kerl, der gekommen war, um auf sie zu bieten. Kaum konnte sie es ertragen, dass bei diesem Gespräch so getan wurde, als stünde sie nicht mitten im Arbeitszimmer ihres Onkels und hörte zu – oder als hätte sie keinen eigenen Verstand und könnte nicht für sich selbst sprechen.

„Natürlich würde ich für Ihre Nichte einen guten Brautpreis zahlen. Sagen wir fünfzehntausend Pfund.“ Zuversichtlich legte Mortimer Oswalt die Hände auf seine purpurfarbene Weste. Durch den vorstehenden Bauch darunter verlieh sie ihm das Aussehen eines überreifen Apfels. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und musterte Julia. Seine wässrigen blauen Augen waren noch immer blutunterlaufen von der Nacht, die er in der Stadt verbracht hatte.

Fünfzehntausend Pfund! Julia unterdrückte eine unangemessene Bemerkung. Wie konnte er es wagen, für sie auf dieselbe Weise zu bieten, wie man es für Waren am Hafen machte oder bei einer Auktion! Unter seinem gierigen Blick lief es ihr kalt den Rücken hinunter. Die Vorstellung, wie seine Hände besitzergreifend über ihren Körper glitten, verursachte ihr Übelkeit. Sie hoffte, diese albtraumhafte Vorstellung würde nie Wirklichkeit werden.

Ängstlich richtete Julia ihren Blick nun auf Onkel Barnaby. Onkel Barnaby würde das Angebot sicher zurückweisen, auch wenn die Gespräche schon so weit gediehen waren. Schließlich entstammte Mortimer Oswalt nicht denselben Kreisen wie sie. Ihr Onkel war der Viscount Lockhart, ein anerkannter Politiker aus dem Oberhaus. Oswalt war hingegen nur ein Londoner Kaufmann. Ein reicher Londoner Kaufmann, um genau zu sein, aber dennoch ein Kaufmann, ungeachtet der Tatsache, dass er im Jahr mindestens dreimal so viel verdiente wie sie. Der Titel der Lockharts mochte mit keinem Vermögen verbunden sein, doch sie gehörten den Peers an, und Peers schlossen keine Ehen mit Männern aus der Stadt.

„Fünfzehntausend Pfund, sagen Sie? Das ist sehr großzügig, ein sehr respektables Angebot. Ich bin sicher, dass wir zu einer Übereinkunft kommen werden.“ Onkel Barnaby lächelte resigniert und vermied es offenbar mit Absicht, seine Nichte anzusehen.

Julia war wie vor den Kopf geschlagen. Was war in ihn gefahren, dass er sie an diesen alten Mann verkaufte? Es war an der Zeit, etwas dazu zu sagen. Dieser lächerliche Handel – nein, dieser abscheuliche Handel! – war für ihren Geschmack schon viel zu weit fortgeschritten. Sie nahm sich zusammen und versuchte, höflich zu bleiben.

„Mit allem Respekt – ich lehne ab.“

Ihre Stimme war laut genug, um gehört zu werden. Sie übertönte das Gespräch der Männer. Unglaublicherweise warfen beide ihr nur kurz einen strafenden Blick zu und sprachen dann weiter.

„Fünftausend Pfund jetzt und zehntausend, nachdem mein Arzt sie untersucht hat. Ich werde einen Vertrag aufsetzen und ihn Ihnen heute Nachmittag zuschicken. In fünf Tagen kommt mein Arzt zurück in die Stadt. Wir lassen die notwendigen Untersuchungen vornehmen, dann werde ich einen zweiten Vertrag aufsetzen, sobald ihr Zustand bestätigt wurde.“ Trotz dieses sehr intimen Themas klang Oswalts Stimme sehr geschäftsmäßig.

Julia erbleichte bei seinen groben Forderungen. Sie sah ihren Onkel an und stellte zufrieden fest, dass er bei diesen Worten zu schwanken schien. Allerdings nur kurz.

„Ich stehe für die Keuschheit meiner Nichte ein. Ich versichere Ihnen, dass solch peinliche Maßnahmen nicht nötig sind.“ Onkel Barnaby hustete verlegen.

Mortimer Oswalt schüttelte den kahlen Kopf. „Ich muss darauf bestehen. Ich habe mit meinen Geschäften nur deshalb ein Vermögen gemacht, weil ich stets auf die Qualität meiner Investitionen achte. Darf ich Sie daran erinnern, dass ich im November sechzig werde? Meine ersten beiden Frauen waren nicht in der Lage, mir den Erben zu schenken, den ich verlangte. Meine ärztlichen Ratgeber versicherten mir, dass eine jungfräuliche Gemahlin die Probleme beseitigen würde, die es bisher auf diesem Gebiet gegeben hat. Ich muss rasch einen Erben bekommen. Meine Braut muss noch Jungfrau sein und in der Lage, schnell ein Kind zu empfangen und zu gebären.“ Er warf Onkel Barnaby einen einschüchternden Blick zu. „Bei der Geburt meines Kindes werde ich Ihrer Familie fünftausend Pfund zusätzlich bezahlen.“

Entsetzt sah Julia zu, wie ihr Onkel bei dieser erneuten Summe innerlich kapitulierte. Doch sie ließ sich nicht so leicht beeinflussen.

„Ich denke nicht daran!“ Sie stampfte mit dem Fuß auf, damit die Männer sie nicht noch ein zweites Mal ignorieren konnten. „Onkel, du kannst mich nicht zwangsweise verheiraten. Es gibt neue Gesetze. Das Verlobungsgesetz von 1823 gestattet Menschen, aus freiem Willen zu heiraten.“ Es war ein schwacher Versuch, und sie wusste es. Gesetze ließen sich nur durchsetzen, wenn man einen Anwalt hatte oder das Geld, einen zu engagieren. Sie verfügte weder über das eine noch über das andere.

Onkel Barnaby setzte dazu an, sie zu schelten, doch Oswalt hob eine Hand, um ihn zu unterbrechen. „Lockhart, gestatten Sie mir, es ihr zu erklären. Bald schon wird sie meine Frau sein, und sie muss lernen, Anweisungen von ihrem Gatten entgegenzunehmen. Junge Damen wachsen sehr behütet auf, und man muss sie lehren, wie es abläuft in der Welt.“

Julia unterdrückte ein Schaudern. Sie fühlte sich angewidert von der Art und Weise, wie Onkel Barnaby sich fügte. Eher würden sie den jüngsten Tag erleben, als dass sie selbst Anweisungen oder sonst irgendetwas von einem so verworfenen Mann wie Mortimer Oswalt entgegennahm.

Oswalt sprach weiter. „Miss Prentiss, die Einzelheiten dieser Übereinkunft mögen Ihrer Aufmerksamkeit entgangen sein. Junge Damen wie Sie sind sich oftmals nicht darüber im Klaren, wie kostspielig der Lebensstil ist, den Sie für selbstverständlich halten – die Pferde, der Landsitz, die Kleider, die Unterhaltungen und all das, was eine junge Frau als ihren rechtmäßigen Anspruch ansieht. Besonders schwierig ist es, ein schönes Mädchen wie Sie aufzuziehen, denn es ist weitaus teurer, dessen Ansprüche zu erfüllen. Eine reizvolle junge Dame sticht heraus. Sie kann es sich nicht leisten, zweimal dasselbe Kleid zu tragen, wie vielleicht ein Mauerblümchen, das niemand bemerkt. Ein hübsches Mädchen muss immer vorteilhaft herausgestellt werden. Kurzum, eine reizvolle Tochter – oder, wie in diesem Fall, eine reizvolle Nichte – kann eine Last werden für eine Familie. Ihrem Onkel ist es so ergangen. Seine Schatullen sind leer. Niemand wird ihm mehr etwas leihen. Er hat alles eingesetzt, was er nur konnte, für dieses gemietete Stadthaus und diese eine Saison für Sie. Sie sind die letzte Perle, die noch zu seinem Titel gehört. Gelingt es nicht, eine finanziell vorteilhafte Verbindung für Sie zu vereinbaren, werden Ihre Tante, Ihr Onkel und Ihre Cousins im Armenhaus landen, von Ihnen selbst ganz zu schweigen. Sie werden mit ihnen all die Entbehrungen erleiden.“ Oswalt beendete seinen Vortrag und begann, seine Nägel zu säubern. „Sie haben Ihnen diese Saison nicht nur verschafft, um Ihnen persönlich eine Freude zu bereiten, sondern auch, um etwas von ihren jahrelangen Investitionen zurückzuerhalten.“

„Sag mir, dass das nicht stimmt, Onkel“, bat Julia und drehte sich zu dem armen Mann herum. Oswalts Enthüllungen hatten ihm Unbehagen verursacht, und er schien hinter dem Schreibtisch in seinem Ledersessel zu versinken. Julia schnürte es fast die Kehle zu, als sie die Wahrheit begriff.

„Es stimmt. Ich kann nichts davon abstreiten. Unsere Taschen sind leer. Wir brauchen Oswalts Angebot.“

„Es muss eine andere Möglichkeit geben! Ich liebe ihn nicht und ich werde ihn nicht lieb gewinnen. Er ist ein abscheulicher alter Mann, wenn er sich auf diese Weise eine Braut kauft.“ Julia hielt sich nicht zurück mit ihren Worten, obwohl Oswalt nur ein Stück von ihr entfernt saß.

„Julia! Still! Dieser Ausbruch gehört sich nicht für eine Dame!“, schalt ihr Onkel. Er versuchte, an ihr vorbei zu blicken, und sie las in seinem Gesicht die Furcht, Oswalt könnte bei ihrem Temperamentsausbruch sein Angebot zurückziehen.

Julia stemmte die Hände in die Hüften, zum Kampf bereit. „Was ist mit dem Schiff von Cousin Gray? Das Geld, das er für die Ladung bekommt, wird doch gewiss unsere Probleme lösen?“

„Grays Unternehmen ist riskant. Es ist ein Glücksspiel. Ich würde lieber in eine sichere Sache investieren.“ Onkel Barnaby sah sie strafend an. „Vergiss deine Manieren nicht, Julia. Es gehört sich nicht, in Gesellschaft über Geld zu sprechen.“

„Dir scheint es nichts auszumachen. Du und Oswalt, ihr habt mich bewertet wie ein Stück Vieh auf dem Markt.“ Diese Bemerkung ging zu weit, aber wenn sie mit einem Wutausbruch von dieser Vereinbarung loskam, dann sollte das so sein.

Oswalt schien jedoch nicht abgestoßen zu sein. Er wandte Julia seine gesamte Aufmerksamkeit zu. „Ah, ich bekomme wohl eine rothaarige Frau mit Temperament, was? Vielleicht ist diese Heißblütigkeit das, was ich brauche, um mich zu erwärmen. Meine Liebe, ich freue mich über Ihre Leidenschaft, und es ist mir gleichgültig, wenn Sie mich nicht lieben. Ich liebe Sie ganz gewiss nicht, und...