Das Inzest-Tagebuch

von: . Anonyma

Klett-Cotta, 2017

ISBN: 9783608110029 , 96 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

Windows PC,Mac OSX für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones

Preis: 13,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Das Inzest-Tagebuch


 

Eine der Therapeutinnen, die ich belogen habe, war eine sehr schöne Frau; ihr Vater war Schüler von Freud gewesen. Ich mochte sie, jedenfalls so lange, bis wir nach und nach auf den Inzest kamen. Während meiner Zeit auf dem College war ich jeden Donnerstagnachmittag bei ihr. Wir tasteten uns an meine Familie heran, und als es um meine Beziehung zu meinem Vater ging, hab ich sie angelogen. Eines Tages sagte sie, sie sei in Sorge, weil bei mir die Gefahr der Selbstverletzung bestehen könnte. Sie wollte mich zu einem Psychiater schicken, mit dem sie zusammenarbeitete, damit er mir Medikamente verschrieb. Ich verließ ihre Praxis und ging nie wieder zu ihr. In den darauffolgenden Wochen hatte ich sie ständig auf meinem Anrufbeantworter; sie wollte wissen, ob bei mir alles in Ordnung sei. Ich hab sie nie zurückgerufen.

In Märchen über den Vater-Tochter-Inzest wie »Das Mädchen ohne Hände«, »Allerleirauh«, der Urfassung von »Aschenputtel«, »Eselshaut« und den Geschichten über die Heilige Dymphna, die Schutzpatronin der Inzest-Überlebenden, verhalten sich die Töchter allesamt erwartungsgemäß entsetzt über die sexuellen Avancen des Vaters. Sie tun ihr Möglichstes, um zu entkommen. Ich habe das nicht getan. Ein kleines Kind kann nicht entkommen. Und später, als ich es gekonnt hätte, war es zu spät. Mein Vater kontrollierte meinen Verstand, meinen Körper, meine Lust. Ich wollte ihn. Ich ging nach Hause. Ich ging zurück zu ihm und wollte mehr.

Das letzte Mal, dass ich mit meinem Vater Sex hatte, war, als ich einundzwanzig war, im Sommerhaus auf der Insel. Ich verbrachte dort die Woche mit meinem Vater und meinem Bruder, der gerade neunzehn geworden war. Wir drei waren seit Jahren keine ganze Woche mehr zusammen gewesen; ich hatte überhaupt nicht mehr viel Zeit mit meinem Vater verbracht, seit ich mit siebzehn zu Hause ausgezogen war. In dem Sommerhaus, das unserer Familie gehörte, war ich schon etliche Jahre nicht mehr gewesen. Dem grauen Schindelhaus mit den vielen Veranden und den weißen Fensterläden direkt am Meer. Mit der amerikanischen Flagge an dem alten Fahnenmast neben dem weißen Gartentor.

Damals in jener Woche mit meinem Vater und meinem Bruder trug ich ein blaues Bikinioberteil. Das Unterteil war knallrot. Mein Vater wollte mich. Ich spürte seinen Blick auf meinen Schultern und im Nacken, auf meinen Beinen, meinen Brüsten, meinen Hüften. Wenn ich wusste, dass er hinsah, hatte ich eine ganz andere Körperhaltung. Ich wollte sexy sein. Wenn ich wusste, dass er mich von hinten beobachtete, hatte ich einen ganz anderen Gang. Wenn er mich beobachtete, wie ich den Weg vom Haus runter zum Strand ging und wieder hochkam. Mich beobachtete, wie ich mein weißes Hemd, das ich überm Bikini trug, auszog, wenn ich mich hinsetzte, um zu lesen, oder wenn ich ins Wasser ging. Ich wollte ihn auch. Ich war kein Kind mehr. Ich war nicht mal mehr ein Teenager. Ich war erwachsen. Mein Körper war der Körper einer Frau.

Wir spielten Bridge mit den Nachbarn von nebenan. Sie erzählten, wie ich als kleines Mädchen immer am Strand gespielt hatte – dass ich die hohen Wellen so liebte – und Geschichten von meinen Großeltern aus der Zeit damals in den 60er-Jahren, als sie das Haus gekauft hatten. Wir spielten mit meinem Bruder Binokel. Wir tranken auf der Ostveranda Gin Tonic.

Die Sommer meiner Kindheit hab ich in diesem Haus verbracht und hab als kleines Mädchen genau in diesem Zimmer im oberen Stockwerk geschlafen. Von meinen wenigen schönen Kindheitserinnerungen sind viele an dieses Haus geknüpft.

Die ersten beiden Nächte habe ich unentwegt masturbiert und dabei an meinen Vater gedacht, daran, dass er ganz in der Nähe war. Am anderen Ende des Hauses schlief er allein in diesem Bett mit dem Kopfteil aus Walnussholz. Es war wie ein Zwang. Ich wollte, dass er herkam und mich fickte, und wollte es auch wieder nicht. In der dritten Nacht ist er gekommen.

Ich erinnere mich, wie mein Vater die schwere alte Tür zu meinem Schlafzimmer öffnete. Ich wollte, dass mein Vater die Tür öffnete. Ich wollte, dass er reinkam. Ich wollte hören, wie er das Schlafzimmer mit dem gelb-blau gestreiften Bettüberwurf und den eingebauten Bücherregalen mit der Walter-Scott-Gesamtausgabe meines Großvaters betritt. Das Zimmer, dessen weiße Vorhänge mit roten Segelboten gemustert waren und in dem der Spiegel mit dem Rahmen aus Vogelaugenahorn stand und der Kleiderschrank mit den gelben Regenjacken und den armeegrünen Galoschen und den weiten Hemden aus Wollflanell, die auf Holzbügeln hingen. Der Kleiderschrank mit dem karierten Regenschirm und den Flipflops für die Gäste.

Mein Vater zog die Bettdecke weg und sah meinen einundzwanzig Jahre alten Körper. Ich war nackt, und ich war feucht. Ich wollte seinen großen harten Schwanz ganz tief in mir. Ich war sehr feucht. Ich wollte ihn in mir, ganz, ganz tief in mir drin. Ich fühlte mich so sexy wie noch nie. Mein Körper war der pure Sex. Auch mein Vater hatte sich zum Sexobjekt gemacht – für mich. Ich machte ihn genauso zum Objekt, wie ich mich für ihn zum Objekt machte. Ich hatte einen Orgasmus, der größer war als alles, was ich in meinen späteren zwölf Ehejahren erleben sollte. Wir sprachen nicht. Nicht ein einziges Wort. Dann stand er auf, verließ mein Bett, ging aus dem Zimmer und den Korridor entlang, ging wieder in sein eigenes Bett. Und nie auch nur ein einziges Wort zu jener Nacht.

Er fickte mich und brachte mich zum Kommen. Geküsst haben wir uns nie. Weder in dieser Nacht noch früher, als ich ein Teenager war, und auch als ich elf, zehn, neun, acht, sieben, sechs, fünf, vier oder drei war, haben wir uns nicht geküsst.

Er hat mir niemals seine Zunge in den Mund gesteckt.

———

Damals, in jener Woche auf der Insel, erzählte ich Katherine Huntington, einer Nachbarin und Freundin der Familie, die Wahrheit über mich und meinen Vater und dass er Sex mit mir hatte. Ich erzählte ihr, was ich als kleines Mädchen erlebt hatte. Ihr von letzter Nacht zu erzählen, habe ich nicht gewagt, aber was in meiner Kindheit passiert war, hab ich ihr anvertraut. Ich war nicht die Einzige, die fand, dass Katherine eine bemerkenswerte Frau war. Sie war das komplette Gegenteil von meiner Mutter. Sie war außerordentlich talentiert, warmherzig und selbstständig. Alle haben sie bewundert. Ich schaute zu ihr auf und wollte später auch einmal so werden wie sie. Als ich klein war, gab sie mir das Gefühl, etwas Besonderes zu sein. Sie fragte mich nach meiner Meinung und bückte sich zu mir runter, um mir zuzuhören. In meiner Teenagerzeit sagte sie mir, dass ich aufgeweckt und mutig sei.

Ich fand sie immer schön, stark und tapfer. Sie segelte gern alleine hinaus. Sie sprach fließend Mandarin. Mit ihrem zweiten Mann war sie ein ganzes Jahr kreuz und quer mit dem Auto durch Afrika gefahren. In der kleinen Strandgemeinde war sie Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr. Sie trug immer und überall hohe Absätze, außer wenn sie den Feuerwehrwagen fuhr. Sie kochte Diners für ein paar Dutzend Leute und hatte immer das Haus voller Gäste. Hinter dem Wohnhaus hatte sie ein Gewächshaus, wo sie Gardenien und indischen Jasmin züchtete. Einmal fand sie vor der Tür zu ihrem Gewächshaus einen kleinen Rotluchs. Sie stellte ihm ein Schälchen Milch hin und hoffte, dass er wieder zurückfindet zu seiner Mutter. Aber dann erzählte ihr ein anderer Nachbar, dass er unten am Markt einen toten Rotluchs auf der Fahrbahn gesehen hatte. Daraufhin nahm Katherine das Rotluchsbaby bei sich auf und zog es mit der gleichen Mutterliebe auf, mit der sie ihre Kinder großgezogen hatte. Abends fütterte sie den Kleinen mit Lamm, und zum Dessert bekam er ein Schälchen Schlagsahne.

Meine Großeltern waren eng mit ihren Eltern befreundet gewesen. Ich war etwa im gleichen Alter wie zwei ihrer Kinder sowie eine Nichte und ein Neffe von ihr. Ich war glücklich bei ihr und ihrer Familie. Ich habe mir immer gewünscht, sie würde auch mich bei sich aufnehmen.

Damals in der Woche, als ich mit meinem Vater und meinem Bruder am Strand war, luden Katherine und ihr Mann mich ein, zum Abendessen rüberzukommen. Ich fragte Katherine, ob ich sie mal unter vier Augen sprechen könnte. Klar, sagte sie und ging mit mir nach oben in ihr Schlafzimmer. Wir setzten uns auf ihr riesiges weißes Bett mit den vielen weichen, hübsch bezogenen Kissen. Ich drückte eins der Kissen an mich und erzählte ihr, dass mein Vater mich, als ich ein kleines Mädchen war, sexuell missbraucht hatte. Ich erzählte ihr, ich hätte das Gefühl, verrückt zu werden, und wisse nicht mehr, was ich tun solle. Sie beugte sich zu mir rüber, und ich dachte, sie wolle mich umarmen, aber sie hielt mir den Mund zu. »Lass es hinter dir«, sagte sie. »Sprich nicht darüber. Vergiss...