Julia Extra Band 321 - Mit dir unter dem Mistelzweig / Ein verführerisches Geschenk / Zuckerguss und Weihnachtskuss / Frohe Weihnachten, Louise! /

Julia Extra Band 321 - Mit dir unter dem Mistelzweig / Ein verführerisches Geschenk / Zuckerguss und Weihnachtskuss / Frohe Weihnachten, Louise! /

von: Judy Christenberry, Shirley Jump, Fiona Harper, Sharon Kendrick

CORA Verlag, 2010

ISBN: 9783862950591 , 448 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 3,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Julia Extra Band 321 - Mit dir unter dem Mistelzweig / Ein verführerisches Geschenk / Zuckerguss und Weihnachtskuss / Frohe Weihnachten, Louise! /


 

1. KAPITEL

Vielleicht lag es ja daran, dass bald Weihnachten war und dass das schneidend kalte Wetter sie ganz durcheinanderbrachte. Oder vielleicht lag es daran, dass sie einfach genug hatte. Aber etwas musste sich ändern. Etwas musste sich ändern.

Angie betrachtete ihre zitternden Finger, als seien es die Finger einer anderen Frau. Aber keineswegs! Diese gepflegten, unlackierten Nägel waren ihre eigenen. Wie töricht sie doch war! Mit großer Leere im Herzen verzehrte sie sich nach einem Mann, der für sie unerreichbar bleiben würde. Der sie nicht einmal als Vertreterin des anderen Geschlechts wahrnahm. Und der sie schlechter behandelte als seine PS-starken Autos.

Dabei war sie wahrhaftig kein lebloser Gegenstand. Sie war eine Frau aus Fleisch und Blut mit ihren eigenen Sehnsüchten, die wohl niemals in Erfüllung gehen sollten. Sie musste ihn verlassen – sie musste es einfach tun. Denn wenn sie nicht aufpasste, würde sie ihr gesamtes Leben mit der Liebe zu einem Mann vergeuden, der diese Liebe niemals erwidern konnte.

Und früher oder später würden sich ihre Träume zerschlagen, wenn er sich schließlich eine passende Frau zur Braut nahm. Eine dieser Schauspielerinnen oder Models, mit denen er im Laufe seines so aufregenden Lebens ausgegangen war.

Riccardo Castellari war Angies Chef – und der Mann, um den so ziemlich all ihre Gedanken kreisten. Nun ja, nicht mehr lange, denn gleich nach Neujahr würde sie sich nach einer neuen Arbeitsstelle umsehen. Hauptsache weit weg von dem schwarzäugigen Italiener, der allein mit der Andeutung seines trägen Lächelns eine Frau in Ohnmacht fallen lassen konnte.

Auch wenn er in letzter Zeit wenig gelächelt hatte. Seine Stimmung war düster gewesen, und sein reizbares Gemüt schien noch strapazierter als ohnehin schon. Ungewöhnlich, fand Angie, aber sie war sich nicht sicher, warum.

„Jetzt sei mal ein bisschen fröhlich, Angie! Bald ist doch Weihnachten.“

Die Worte von Juniorsekretärin Carol drangen in ihre Gedanken und zauberten ein unbeabsichtigtes Lächeln auf Angies Gesicht. „Ja, da hast du recht“, stimmte sie zu und sah sich im Gemeinschaftsraum um.

Weihnachten stand vor der Tür, und die sonst stilvoll eingerichteten Büroräume von Castellari International waren nun verziert mit allerlei Adventsschmuck. Kurz nach Eröffnung der Londoner Zentrale seines höchst erfolgreichen Weltkonzerns hatte Riccardo aus Gründen des guten Geschmacks jegliche Flittergirlande verboten.

Doch ganz allmählich, nachdem Jahr für Jahr ein bisschen mehr Weihnachtsdekoration hinzugekommen war, hatte er dem Mehrheitswunsch nachgegeben. In diesem Jahr sah der Gemeinschaftsraum aus, als hätte der Weihnachtsmann persönlich ihn eingerichtet.

Glitzernder Flitter in Silber, Gold, Rot und Grün war großzügig über alle möglichen Bilderrahmen und Türpfosten geworfen worden, und Lichterketten schmückten die Faxgeräte.

Das Café unten an der Ecke spielte von morgens bis abends rührselige Weihnachtslieder, und erst gestern hatte die Heilsarmee auf dem Vorplatz gestanden und so schön gespielt, dass Angie Tränen in die Augen geschossen waren. Mit einem Kloß im Hals hatte sie aus ihrer Handtasche einen zerknitterten Fünfpfundschein hervorgeholt.

Ja, Weihnachten stand vor der Tür. Aber war das nicht Teil des Problems – und der Grund dafür, dass sie emotional so labil war? Denn zu Weihnachten war die Welt wie verwandelt. Mit einem Mal kristallisierten sich Hoffnungen und Träume heraus, Sehnsüchte und Ängste. Und egal, ob man es wahrhaben mochte: Zu Weihnachten erkannte man plötzlich, was man im Leben vermisste.

„Freust du dich schon auf die Weihnachtsfeier heute Abend?“, fragte Carol.

Angie verzog mit gespieltem Entsetzen das Gesicht. „Machst du Witze?“

Carol sah sie aufmerksam an. „Und wie läuft das so ab? Alle sagen, es sei absolut fantastisch, in einem der edelsten Restaurants Londons. Und es würden keine Kosten gescheut! Und stimmt es, dass Mr. Castellari bis zum Schluss bleibt?“

Sie lächelte Carol vielsagend an. „Ja, das stimmt. Er bleibt bis zum Ende.“ Oder bis zum bitteren Ende, wie es Riccardo ziemlich bissig darstellte. Ja, so war es, er war nicht gerade verrückt nach Weihnachten.

Doch einmal im Jahr gab er sich alle Mühe und erfüllte die Erwartungen der Castellari-Mitarbeiter. Großzügig spendierte er eine Feier, von der die Leute noch im Februar redeten, und gewährte jedem einen dicken Bonus. Selbst ihr. Doch hatte sie sich nicht schon manches Mal gesehnt nach etwas … Persönlicherem?

Angie war bewusst, dass es sinnlos war, das Unmögliche herbeizusehnen. Sie stand auf und schnippte ein paar kleine Flusen von ihrem Jerseyrock. „Ich sollte jetzt besser gehen und noch ein paar Vorkehrungen treffen – ich erwarte Riccardo nämlich jeden Augenblick zurück.“

„Ach, ja?“, fragte Carol neidisch.

„Ja. Er ist schon auf dem Weg vom Flughafen hierher.“ Angie kannte seinen Terminkalender bis auf die Minute genau. Die dunkle Limousine würde in diesem Moment Richtung Innenstadt gleiten. Riccardo würde auf dem Rücksitz seine langen Beine ausstrecken.

Er hätte seine Krawatte gelockert, und vielleicht würde er ein Telefongespräch führen in einer der drei Sprachen, die er fließend beherrschte. Vielleicht würde er sogar ein paar ungezwungene Worte mit seinem italienischen Fahrer Marco wechseln – der bei Bedarf auch als sein Leibwächter auftrat.

„Wenn die Straßen frei sind“, fuhr Angie mit einem Blick auf die Uhr fort, „dann müsste er eigentlich …“ Ihr Pager stieß einen kurzen, schrillen Piepton aus. Unweigerlich begann ihr Herz zu rasen.

„Entschuldige bitte“, sagte sie mit einem flüchtigen Lächeln und versuchte ihre Aufregung zu überspielen, „aber er ist bereits im Gebäude.“

In ihren flachen, marineblauen Schuhen eilte sie zu ihrem Büro, das direkt neben Riccardos lag. Freudig atmete sie auf, als sie den großen, hellen Raum betrat. Denn ganz egal, wie oft sie schon in dieses Büro gekommen war, Angie konnte es immer noch nicht fassen, dass sie einen so schönen Arbeitsplatz hatte.

Von der Castellari-Firmenzentrale blickte man auf den beeindruckenden Trafalgar Square im Herzen Londons. Hell leuchtete der berühmte Christbaum, den der norwegische König jedes Jahr schicken ließ, und aus jedem einzelnen Fenster strahlten bunte Lichterketten. Angie lächelte unwillkürlich. Es war einfach … märchenhaft schön.

Dann aber vernahm sie das Geräusch vertrauter Schritte im Korridor, das sie selbst bei Tiefschnee wiedererkennen würde. Flink huschte Angie in Riccardos Büro, um ihn zu begrüßen, und wischte sich dabei jegliche Spuren von Wehmut aus dem Gesicht.

Sie setzte die konzentrierte Miene auf, die ein Chef von seiner Sekretärin erwarten durfte. Aber nichts konnte das Herzrasen verhindern, das sich einstellte, sobald sich die Tür öffnete und Angie in Riccardos dunkles, zum Dahinschmelzen schönes Gesicht blickte.

„Ach, Angie. Sie sind hier. Gut.“ Seine tiefe Stimme mit dem leicht italienischen Akzent strich über ihre Haut wie Seide. Er ließ seine Aktentasche und seinen Kaschmirmantel auf eines der Ledersofas fallen.

Riccardos schwarzes Haar war zerzaust, als wäre er nervös mit seinen Fingern hindurchgefahren. Seine Krawatte hatte er gelockert, wie sie es vermutet hatte. Er warf ihr ein kurzes Lächeln zu. Dann nahm er sich einen Stapel Papiere und blätterte sie durch. „Könnten Sie mir bitte die Unterlagen zur Posara-Übernahme geben?“

„Ja, sicher, Riccardo“, antwortete sie sanft, während sie wie automatisch den schicken Mantel auf einen Bügel hängte. Verriet etwa ihr Gesicht, dass sie sich verletzt fühlte, weil der Mann, den sie seit vierzehn Tagen nicht gesehen hatte, sie kaum begrüßte? Kein Hallo oder Wie geht’s? Hätte er es überhaupt bemerkt, wenn sie durch eine andere Sekretärin ersetzt worden wäre?

Doch eine gute Sekretärin sollte sich nicht daran stören, dass sie für ihren Chef auch unsichtbar sein könnte. Auf die Arbeit kam es an. Und Angie war stolz darauf, eine gute Sekretärin zu sein.

„Schöne Reise gehabt?“, fragte sie höflich und legte die verlangten Unterlagen in die Mitte seines Schreibtischs.

Er zuckte mit den Schultern. „New York ist eben New York. Sie wissen ja, voller Lärm, Leben und Leidenschaft.“

Zufällig wusste Angie das nicht. Denn sie war noch nie dort gewesen. „Ja, das nehme ich wohl an“, bemerkte sie freundlich und verkniff sich die Frage, die sie nur zu gerne gestellt hätte. Nämlich ob er sich mit Paula Prentice getroffen hatte – der Frau, mit der ihn die Regenbogenpresse vor einem Jahr in Verbindung gebracht hatte.

Paula war eine sonnengebräunte Blondine mit strahlend weißen Zähnen und einem Körper, den die Leser eines führenden Männermagazins zum begehrenswertesten des Jahres gekürt hatten.

Als Riccardo damals mit der kalifornischen Schönheit eine leidenschaftliche Affäre gehabt hatte, war er viele Wochenenden in New York gewesen. Jedes Mal hatte Angie bei seiner Rückkehr angespannt Riccardos Gesicht studiert. Würde er bald die Hochzeit mit der umwerfenden Paula ankündigen, hatte sie sich damals gefragt.

Zu Angies großer Erleichterung trennten sich die beiden wieder...