Der Code des Bösen - Die spektakulären Fälle des Sprachprofilers

von: Raimund H. Drommel

Heyne, 2011

ISBN: 9783641054618 , 304 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 14,99 EUR

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Der Code des Bösen - Die spektakulären Fälle des Sprachprofilers


 

Möllemanns pfiffige Idee (S. 126-127)

Die Vorweihnachtstage gelten trotz Hektik und Stress noch immer als eine besinnliche Zeit. Überall Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen. Vermutlich wünschte sich dies auch der damalige Wirtschaftsminister und Vizekanzler Jürgen W. Möllemann (FDP). Doch für ihn sollte es 1992 ganz anders kommen.

Es waren nämlich drei Empfehlungsschreiben an deutsche Supermarktketten aufgetaucht, in denen »eine kleine Hilfestellung« für die Kölner Firma »ProINVENTION« gegeben wurde – auf dem Briefpapier des Bundeswirtschaftsministeriums und eigenhändig unterschrieben von dessen Chef, Jürgen Möllemann. Diese Firma wollte ein aus Sicht des Ministers »pfiffiges Produkt« vermarkten: einen Schlüsselbundchip für Einkaufswagen.

Eine clevere Lösung für alle Kunden, die nicht lang nach dem passenden Kleingeld kramen wollten. Diese clevere Idee hatte nur einen kleinen Schönheitsfehler: Mitvertreiber war Hubert Appelhoff, ein Cousin von Möllemanns Ehefrau Carola Möllemann-Appelhoff. Allerdings waren diese Briefe bereits im März verschickt worden. Mit zweifachem Kopfschütteln nahm die Öffentlichkeit diesen Skandal wahr: zum einen empört, weil es nach Vetternwirtschaft roch, zum anderen verwundert wegen der Verzögerung: Warum berichteten die Printmedien erst jetzt, am 21. Dezember, davon?

Für derartige Meldungen gibt es in der Regel zwei Gründe: Die Medien hatten ein Nachrichtenloch zu stopfen – doch angesichts des Jahrhunderthochwassers, das die Altstadt von Köln bedrohte, konnte dies nicht der Fall sein. Es blieb der zweite Grund: eine gezielte Aktion aus den Reihen der eigenen Partei – ganz im Sinne der Steigerung »Feind – Todfeind – Parteifreund«. Doch wie hatte sich Jürgen Möllemann solche »Freunde« machen können? Der Weg nach oben Jürgen Wilhelm Möllemann war bereits als 17-Jähriger der CDU beigetreten, hatte sich 1970 dann der FDP angeschlossen und war — gerade einmal 27 Jahre alt — 1972 als nordrheinwestfälischer Abgeordneter in den Deutschen Bundestag eingezogen.

In seinen Funktionen als zunächst bildungspolitischer, später dann sicherheitspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion war er durch seine vollmundigen und zum Teil auch voreiligen Verlautbarungen bekanntgeworden. Der Politiker verstand es, zu polarisieren und Themen zu besetzen. Sein erstes großes Betätigungsfeld fand er in der Nahostpolitik.

Er besuchte den damals noch als Terroristen geltenden Gründer und Anführer der Fatah, Jassir Arafat, sowie den libyschen Revolutionsführer Moamar al-Gaddhafi. Zurück in Bonn, wurde er von allen Seiten heftig dafür kritisiert, andererseits war ihm die Aufmerksamkeit der Medien sicher. Auch die Polit-Prominenz kam kaum um einen Kommentar zu ihm herum: Franz-Josef Strauß bezeichnete den FDP-Mann als »Riesenstaatsmann Mümmelmann«. Das war zwar nicht besonders respektvoll, bewies aber, dass seine Aktionen auch auf höchster Ebene ein Echo fanden.