Handbuch Arbeitsmarkt 2009 - Analysen, Daten, Fakten

von: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB), Joachim Möller, U

wbv Media, 2009

ISBN: 9783763946068 , 515 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: DRM

Windows PC,Mac OSX Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen für: Windows PC,Mac OSX,Linux

Preis: 49,90 EUR

Mehr zum Inhalt

Handbuch Arbeitsmarkt 2009 - Analysen, Daten, Fakten


 

Internationale Migration: Umfang, Qualifikationsstruktur und Arbeitsmarktwirkungen (S. 240)

1 Einleitung

Die internationale Migration von Arbeitskräften hat in den letzten beiden Dekaden weltweit zugenommen. Durch den Fall des Eisernen Vorhangs und die Osterweiterung der Europäischen Union (EU) ist insbesondere in Europa ein Anstieg der Wanderungsbewegungen zu verzeichnen. In absoluten Zahlen war Deutschland in den 1990er-Jah - ren das wichtigste Zielland von Migranten in der EU. Im Zuge der Abschwächung der Konjunktur, der Verschärfung der rechtlichen Bedingungen für die Zuwanderung aus Drittstaaten und des Rückgangs der durch den Fall des Eisernen Vorhangs ausgelösten Wanderungsbewegungen hat die Zuwanderung in Deutschland seit Ende der 1990er jedoch deutlich abgenommen.

Demgegenüber ist eine starke Zuwanderung in die südlichen Mitgliedsstaaten der EU sowie nach Irland und in das Vereinigte Königreich zu beobachten. Insgesamt nähern sich die Nettozuwanderungsraten der entwickelten Staaten der EU denjenigen in den USA an. Angesichts des hohen Einkommensgefälles auf dem europäischen Kontinent und dem zunehmenden Gefälle in der Altersstruktur zwischen den Empfänger- und Sendeländern von Migranten in Europa dürfte die internationale Migration künftig noch an Bedeutung gewinnen.

Dieses Kapitel untersucht die internationale Migration vor allem im Hinblick auf ihre Wirkungen für den Arbeitsmarkt in Deutschland und das folgende Kapitel die Probleme der Integration von Migranten in Arbeitsmarkt und Bildungssystem. Aus volkswirtschaftlicher Perspektive erhöht die Migration von Arbeitskräften die Produktivität des Arbeitseinsatzes und steigert damit die Produktion. Viele Ökonomen erwarten, dass die Produktivitätsgewinne einer weiteren Öffnung der Arbeitsmärkte sehr viel höher sind als die Produktivitätsgewinne einer weiteren Liberalisierung der Güter- und Kapitalmärkte (Rodrik 2002).

Die Ausweitung des Arbeitsangebotes kann in den Empfängerländern aber auch zu sinkenden Löhnen und steigender Arbeitslosigkeit für einheimische Arbeitskräfte und schon im Lande lebende Ausländer führen. Vor allem die Befürchtung, dass Zuwanderung einen Anstieg der Arbeitslosigkeit bewirkt, hat wesentlich dazu beigetragen, dass viele Länder seit Beginn der 1970er die Zuwanderung von Arbeitskräften starken Restriktionen unterworfen haben.

Wir untersuchen deshalb, ob diese Befürchtungen vor dem Hintergrund der vorliegenden theoretischen und empirischen Erkenntnisse gerechtfertigt sind, und diskutieren die Schlussfolgerungen für die Arbeitsmarktpolitik. Vorgehensweise und Aufbau des Kapitels Der folgende Abschnitt beschreibt zuerst die wichtigsten Fakten und Trends der internationalen Migration: die Größenordnung der Migration in Europa und Deutschland, die wirtschaftlichen Anreize für die Migration von Arbeitskräften, die institutio - nellen Rahmenbedingungen für die Arbeitskräftemigration in Europa und Deutschland.

Auch die Qualifikationsstruktur, die Arbeitslosigkeitsrisiken und die Erwerbspartizipation von Migranten werden im europäischen Vergleich dargestellt, um dem Leser einen Überblick über die wichtigsten Entwicklungen zu geben (Abschnitt 2). Die Osterweiterung der EU hat das Einkommensgefälle in der Gemeinschaft erheblich erhöht. Die Beitrittsverträge sehen Übergangsregelungen für die Arbeitnehmerfreizügigkeit vor, die maximal sieben Jahre lang in Anspruch genommen werden können.

Die meisten Mitgliedsstaaten der EU haben inzwischen ihre Arbeitsmärkte vollständig oder weitgehend für Staatsangehörige aus den neuen Mitgliedsstaaten der EU geöffnet. Diese Öffnung hat zu einem deutlichen Anstieg der Zuwanderung vor allem nach Irland und in das Vereinigte Königreich sowie nach Spanien und Italien geführt. Die Arbeitsmarktwirkungen dieser Öffnung werden auf Grundlage eines angewandten Gleichgewichtsmodells untersucht. Dabei zeigt sich, dass der deutsche Arbeitsmarkt von der EUOsterweiterung durch steigende Löhne und sinkende Arbeitslosigkeit profitiert, die Aufhebung der Übergangsfristen für die Arbeitnehmerfreizügigkeit aber das Lohnwachstum und den Rückgang der Arbeitslosigkeit etwas dämpfen kann