Ökonomie der Geschlechterdifferenz - Zur Persistenz von Gender Gaps

von: Margareta Kreimer

VS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV), 2009

ISBN: 9783531914107 , 405 Seiten

Format: PDF, OL

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Preis: 49,44 EUR

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Ökonomie der Geschlechterdifferenz - Zur Persistenz von Gender Gaps


 

5 Gender Gap und Gleichheit Der lange Weg zur Gleichstellung der Geschlechter (S. 265-266)

Welche Schlussfolgerungen für eine erfolgreiche Gleichstellungspolitik können aus den Untersuchungen zum Gender Gap gewonnen werden? Was wären adäquate Konzepte und politische Modelle zur Erreichung von gender equality unter Berücksichtigung der Care- Dimension? Wie ist gender equality im Kontext der Gleichheits- und Differenzdebatten feministischer Forschung zu definieren? Um diese Fragestellungen geht es im vorliegenden Kapitel, das damit dem emanzipatorischen Anspruch Rechnung trägt, den Gender Gap nicht nur empirisch zu untersuchen, sondern auch eine theoretisch fundierte Analyse zur aktiven Veränderung bestehender Benachteiligungen, Asymmetrien und Diskriminierungen zu liefern.

Der Ausgangspunkt ist nach wie vor die Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern, deren diskriminierende Aspekte es in Richtung einer geschlechteregalitären Gesellschaft zu verändern gilt. Der unmittelbar angesprochene Politikbereich ist rechtliche Gleichstellungspolitik, geht es doch um gleiche Rechte von Frauen und Männern, um Gleichberechtigung. Die Forderung nach letzterer reicht bis in die Anfänge der Aufklärung zurück (Sporrer 1997), wenngleich die Realisierung gleicher Rechte sich als äußerst zäh erwiesen hat.

Unabhängig davon, wie weit es tatsächlich möglich ist, Emanzipation durch den Gleichheitssatz (ebd., 37) zu erreichen, kann Gleichstellungspolitik nicht auf die rechtliche Ebene beschränkt bleiben, sondern muss als Gestaltungsauftrag in alle Politikfelder einfließen: Benachteiligungsstrukturen finden sich in allen Bereichen, haben sich als äußerst verfestigt erwiesen und zeigen keine inhärente Tendenz, auf absehbare Zeit von selbst zu verschwinden.

Ausgehend von Gleichstellungsgesetzen über die Installierung von Frauen- und Gleichstellungsstellen, die Entwicklungen von Konzepten der Frauenförderung bis hin zum Instrument der Quote reicht Gleichstellungspolitik, die jüngst um das Konzept des Gender Mainstreaming ergänzt wurde, das die Verankerung der gleichstellungspolitischen Perspektive in allen Politikbereichen vorsieht und insbesondere über die Beschäftigungspolitik von der EU forciert wird.

Gleichstellungspolitik bedarf wie jeder Politikbereich einer theoretischen Fundierung, die sich in diesem Fall ob der Querschnittsmaterie der Gleichstellungsfrage schon nicht einfach erwiesen hat, geht es doch um eine Gleichheitsperspektive in allen Lebensbereichen. Gleichstellungspolitik gründet sich auch auf feministische Theorie und Gender- Forschung und sollte deren Erkenntnisse aufnehmen, reflektieren und anwenden.

Die Verbindung von Theorie und Praxis vor dem Hintergrund des emanzipatorischen Anspruchs auf Veränderung war und ist kein leichtes Unterfangen, aber auch Anlass zur Weiterentwicklung und in diesem Sinne ein kreativer Prozess. Eine erste Phase der kritischen Auseinandersetzung der TheoretikerInnen mit der Institutionalisierung der Gleichstellungspolitik Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre (vgl. ausführlich Biester et al. 1994) hat zur Aufarbeitung der Gleichheits-Differenz-Debatte geführt (siehe Kap. 5.1).

Die aktuelle und teilweise massive theoretische Kritik gegenüber der forcierten politischen Implementierung von Gender Mainstreaming hat derzeit noch eher den Charakter einer Spaltung zwischen feministisch-theoretischen Arbeiten und Gleichstellungs- und Frauenförderpolitik, gleichzeitig werden in diesem Diskurs Fragen neu aufgeworfen (z.B. nach den Zielen der Gleichstellungspolitik), grundlegende Instrumente etabliert (z.B. umfassende Datenanalyse nach dem Geschlecht), das Feld der AkteurInnen erweitert und potenziell der Blick von den Defiziten der Frauen auf jene der Männer verlagert (siehe ausführlich Kap. 5.1 und 5.2).

Auch der in vielerlei Hinsicht zentrale Organisationsaspekt – Diskriminierungsprozesse sind Teil organisationalen Handelns – gerät stärker ins Blickfeld, gerade hier tun sich Anknüpfungspunkte für die feministische Theorie zu Gendering Organizations auf. Derzeit ist der Diskurs zwischen Theorie und Praxis zwar noch mehr als unübersichtlich,2 aber dafür umso präsenter – und das macht Gleichstellungspolitik zumindest sichtbar.