So prickelnd wie Champagner

So prickelnd wie Champagner

von: Nicola Marsh

CORA Verlag, 2011

ISBN: 9783863496562 , 144 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 2,49 EUR

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So prickelnd wie Champagner


 

1. KAPITEL

Der bronzene Gott war praktisch nackt. Die Bewegungen seiner harten Muskeln unter der glänzenden gebräunten Haut waren deutlich zu erkennen, als er ein Tablett mit Cocktails und Champagnergläsern durch die Menge trug.

„Wenn du die Augen noch weiter aufreißt, fallen sie dir bald aus dem Kopf.“

Starr Merriday blinzelte, dann war der Bann gebrochen. Widerstrebend wandte sie den Blick von dem Kellner ab und sah ihre beste Freundin Kitty – genannt Kit – an.

„Du bist selbst schuld, schließlich hast du mich in diese Höhle des Lasters mitgenommen.“

Kit zog vielsagend die Augenbrauen hoch und lachte. „Ja – und du genießt es offenbar sehr.“

„Ich muss gestehen, es hat auch seine guten Seiten“, räumte Starr ein. Wieder betrachtete sie den Kellner, ließ den Blick von seiner muskulösen Brust mit den dunklen Härchen hinunter zu seinem Nabel gleiten …

„Himmel, was muss man eigentlich tun, um hier etwas zu trinken zu bekommen?“

Kit lächelte frech. „Dir ist wohl ein bisschen heiß geworden, stimmt’s?“

„Kann man so sagen.“ Starr war sehr dankbar, dass die Kellner von der Taille abwärts bekleidet waren – und noch dankbarer, dass Kit sich eine der berüchtigten Cocktailpartys ihrer umtriebigen Mutter ausgesucht hatte, um sie, Starr, gebührend zu verabschieden. Denn ein Raum voller halb nackter Männer war das beste Mittel, um sie von der Tatsache abzulenken, dass sie keine Arbeit, kein Zuhause und kein Geld hatte.

„Sieh nicht hin, aber ich glaube, er taxiert mich“, sagte Kitty und wies mit dem Kinn diskret auf den bronzefarbenen Gott.

In dem Moment, als Starr hinüberschaute, stolperte er. Das Tablett glitt ihm aus der Hand und ein Großteil der Cocktails ergoss sich über einen neben ihm stehenden Gast.

Amüsiert und mitfühlend zugleich beobachtete Starr, wie der Kellner den Schaden zu beheben versuchte, während der Gast ihn stirnrunzelnd mit einer Handbewegung wegscheuchte.

Inmitten der halb nackten Männer wirkte der elegant gekleidete Mann fehl am Platz, als er sich die Krawatte gerade rückte und versuchte, trotz des Champagners und der Mojitos, die seinen Armani-Anzug durchnässt hatten, cool zu wirken.

„Ich misch mich jetzt mal unters Volk“, kündigte Kit an. „Vielleicht finde ich ja ein weniger ungeschicktes Exemplar.“

Während ihre Freundin auf die Bar zusteuerte, glitt Starrs Blick unwillkürlich zu dem Mann zurück. Eigentlich waren geschniegelte Typen in schicken Outfits nicht ihr Fall, doch dieser hier war irgendwie anders: Er hatte eine ganz besondere Haltung, war groß und strahlte eine Aura von Autorität und Unbezwingbarkeit aus. Trotz des Unfalls mit den Cocktails wirkte er nach wie vor stilvoll und stolz. Ein wenig gebieterisch ließ er den Blick über die Menge gleiten – bis er ihrem begegnete.

Starr schrak zusammen und senkte die Lider. Erstaunt stellte sie fest, dass ihre Haut prickelte und ihr Herz schneller schlug. Klug wäre es gewesen, sich jetzt schleunigst davonzumachen. Doch klug hatte sie schon lange nicht mehr gehandelt, wie der chaotische Zustand ihres Lebens eindrucksvoll belegte.

Vielleicht hing ihre unerklärlich heftige Reaktion auf den Fremden ja damit zusammen, dass sie sich schon zu lange in diesem Raum voller halb nackter Männer aufhielt. Doch als Starr langsam den Kopf hob und ihre Blicke sich erneut begegneten, zeigte ihr Körper dieselben unkontrollierbaren Symptome.

Der Mann hob fragend eine Augenbraue und verzog süffisant den Mund. Am liebsten wäre Starr auf der Stelle zu ihm hinüber gegangen, um unmissverständlich klarzustellen, dass sie kein Interesse an ihm hatte. Doch als der arrogante Zug nun einem Lächeln wich, wusste sie, dass sie sich etwas vormachte und der Anziehung des Fremden bereits erlegen war.

Starr war nur hergekommen, um nicht den ganzen Abend darüber zu grübeln, in was für einer Lage sie sich aufgrund einer einzigen Fehlentscheidung befand: Sie hatte sich auf den falschen Mann eingelassen. Doch das würde ihr nicht noch einmal passieren.

Warum also warf sie jetzt einem Fremden vielsagende Blicke zu, obwohl sie gar nicht die Absicht hatte, der Sache weiter nachzugehen?

Starr steuerte auf den verglasten Balkon der im fünfzigsten Stock gelegenen Suite zu, von dem aus man einen tollen Blick auf Sydney hatte. Vielleicht würde ihr die frische Luft helfen, wieder zur Vernunft zu kommen. Na klar, dachte Starr ironisch. Und bestimmt geschieht dann auch gleich noch ein zweites Wunder.

Sie trat aus dem überfüllten Raum auf den Balkon und war froh, ganz für sich zu sein.

Kein Zweifel, Kits Mum wusste, wie man eine Party schmiss. Nachts erwachte Sydney zum Leben, es wurde bis zum Morgengrauen getanzt, und Starr liebte das über alles. Sie beobachtete, wie eine Fähre vom Circular Quay zu einer Fahrt ablegte, die auch sie selbst unzählige Male gemacht hatte. Tief unter ihr glitzerten die Lichter der Stadt, und dass Starrs Abschied unmittelbar bevorstand, tat ihr noch immer weh – obwohl sie eine Woche lang Zeit gehabt hatte, sich an diesen Gedanken zu gewöhnen. Sydney war jetzt ihre Vergangenheit und Melbourne ihre Zukunft.

„Auf der Flucht?“, fragte plötzlich jemand hinter ihr; der Klang der tiefen Stimme ließ Starr erbeben und sie fuhr herum.

Der fremde Mann stand vor ihr – und er war aus nächster Nähe noch viel atemberaubender. Sie konnte nicht erkennen, welche Farbe seine Augen hatten oder was sie ausdrückten, aber in seiner Stimme schwang ein leicht amüsierter Unterton mit.

Er war ihr auf den Balkon gefolgt und versuchte offenbar, ihr eine Reaktion zu entlocken. Starrs erster Impuls war, ihn zum Teufel zu jagen, aber sie war nun einmal kein Mensch, der sich in Selbstmitleid suhlte. Und jetzt war doch sicher genau der richtige Zeitpunkt, um ihr neues Vorhaben – Gleichgültigkeit gegenüber dem männlichen Geschlecht – auszuprobieren.

„Ich brauchte einfach etwas frische Luft. Und wie lautet Ihre Erklärung?“

„Da drinnen sind mir zu viele Leute“, er wies mit dem Daumen hinter sich. „Und die einzigen interessanten stehen hier draußen.“

„Ziemlich lahme Ausrede“, stellte Starr fest.

Als der Fremde sie mit einer Geste dazu aufforderte, neigte Starr sich unwillkürlich näher zu ihm. „Möchten Sie mir vielleicht dabei helfen, meine Technik zu perfektionieren?“

„Nein. Ich habe keine Lust auf seichten Small Talk und dumme Sprüche.“

Er lachte. „Wie wäre es dann mit einem anspruchsvollen Gespräch?“

„Kein Interesse.“ Energisch tippte Starr ihm mit den Fingern gegen die Brust. Als sie seine festen Muskeln spürte, wurde ihr klar, dass sie einen Fehler gemacht hatte, denn die Berührung glich einem Stromschlag. Hastig zog sie die Hand zurück.

Um seinen Mund zuckte es leicht, doch der Fremde wich nicht von der Stelle. „Ich habe verstanden.“

Schlagartig wurde Starr bewusst, dass ein so männlicher Typ wie er ihr Widerstreben sicher als Herausforderung empfinden würde.

„Das heißt allerdings nicht, dass ich nachgeben werde.“

Sein gebieterischer Tonfall ließ Starr erstaunt die Augenbrauen hochziehen. Was maßte dieser Kerl sich eigentlich an?

„Sofern Sie mich nicht mit der Aussicht auf eine Traumstelle in Melbournes bester Tanzkompanie dazu nötigen, Ihnen weiter zuzuhören, können Sie verschwinden.“

Doch ihre Streitlust schien ihn ganz und gar nicht abzuschrecken. Er verschränkte die Arme vor der Brust, lehnte sich gegen das Geländer und sah sie interessiert an. „Sie brauchen Arbeit in Melbourne?“

„Ja.“

Und zwar ziemlich dringend. Die Tanzkompanien in Sydney kamen nicht mehr infrage, also hatte Starr sich ein Flugticket nach Melbourne gekauft, um nach Kräften vorzutanzen und eine Stelle zu finden – irgendeine Stelle – und sich ein neues Leben aufzubauen.

„Ich hätte einen Job zu vergeben.“

Starr hob das Kinn und warf dem Fremden einen vernichtenden Blick zu, was diesen, nach seinem selbstbewussten Lächeln zu schließen, jedoch nicht im Geringsten zu beeindrucken schien. „Ach ja? Als Putzfrau vielleicht? Oder als Köchin?“

„Nicht ganz. Ich brauche eine Allround-Sekretärin.“

„Tja, da sind Sie bei mir leider an der falschen Adresse.“

Er neigte sich so nah zu ihr, dass ihr Herz heftig zu schlagen begann und sie sich am liebsten an seinen breiten Oberkörper geschmiegt hätte. Um sich zu beruhigen, atmete Starr tief durch. Doch dabei stieg ihr eine betörende Mischung aus dem Duft frischer Limonen, Tequila und Erdbeeren in die Nase.

„Sind Sie immer so abweisend?“

„Sind Sie immer so direkt gegenüber Leuten, die Sie nicht kennen?“

„Dass wir uns nicht kennen, lässt sich ja leicht ändern.“

Als er ihr die Hand reichte, hatte Starr keine andere Wahl, als diese zu schütteln. Sie biss sich auf die Lippe, als erneut ein leichter Stromschlag ihren Arm zu durchzucken schien.

„Ich heiße übrigens Callum Cartwright, leite die Cartwright Corporation und suche dringend vorübergehend eine Assistentin, bis ich diese Stelle dauerhaft besetzen kann.“

„Ich heiße Starr...