Mehrfachschutz geistigen Eigentums im deutschen Rechtssystem

Mehrfachschutz geistigen Eigentums im deutschen Rechtssystem

von: Markus Hoffmann

Herbert Utz Verlag , 2008

ISBN: 9783831608065 , 251 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: DRM

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Preis: 30,99 EUR

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Mehrfachschutz geistigen Eigentums im deutschen Rechtssystem


 

F.) Immaterialgüterrechtlicher Mehrfachschutz im deutschen Legislativ- und Dezisionssystem (S. 172-174)

Wie mit den Zielsetzungen dieser Arbeit verfolgt, soll nunmehr das Gesetzsystem in Deutschland dahingehend untersucht werden, inwieweit sich diesem u.U. bereits klare Aussagen zur Zulässigkeit des Mehrfachschutzes in seinen herausgearbeiteten Typen auf einer generellen Ebene entnehmen lassen. Dazu sollen im folgenden die Formen der gesetzlichen und richterlichen Behandlung des Mehrfachschutzes in einer Gesamtschau zusammenfassend analysiert werden.

I.) Die gesetzlichen Unberührtheitsklauseln
Untersucht man die Einzelgesetze zum Immaterialgüterrecht in Deutschland, so fällt auf, dass nicht jede der einschlägigen Kodifizierungen überhaupt in irgendeiner Form eine Aussage zum Mehrfachschutz trifft. Dort wo sie vom Gesetzgeber getroffen wurde, begegnet man ihr zumeist in Gestalt von sogenannten Unberührtheitsklauseln. So formuliert beispielsweise das Geschmacksmustergesetz in § 50 GeschMG n.F. zur Frage der Abwehrpositionen aus möglichen Schutzkombinationen: „Ansprüche aus anderen gesetzlichen Vorschriften bleiben unberührt.“ Im Urheberrecht findet sich in § 69g UrhG folgende Formulierung: „Die Bestimmungen dieses Abschnitts lassen die Anwendung sonstiger Rechtsvorschriften auf Computerprogramme, insbesondere über den Schutz von Erfindungen, Topographien von Halbleitererzeugnissen, Marken und den Schutz gegen unlauteren Wettbewerb einschließlich des Schutzes von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen, sowie schuldrechtliche Vereinbarungen unberührt“. Auch im Kennzeichenrecht stößt man in § 2 MarkenG auf eine ähnliche Klausel, wo es heißt: „Der Schutz von Marken, geschäftlichen Bezeichnungen und geographischen Herkunftsangaben nach diesem Gesetz schließt die Anwendung anderer Vorschriften zum Schutz dieser Kennzeichen nicht aus.“ Die vorbenannten Exempel scheinen zunächst die Intention einer grundsätzlichen Gewährleistung von immaterialgüterrechtlichem Mehrfachschutz erkennbar zu machen. Bereits in der einschlägigen Kommentierung wird in diesem Zusammenhang indes immer wieder der Hinweis gegeben, dass die legislativ zulässige Anspruchskonkurrenz nicht zu Widersprüchen des durch die verschiedenen Anspruchsgrundlagen geschaffenen Schutzergebnisses führen darf. Die gesetzgeberischen Formulierungen lassen allesamt offen, ob sie an der Verwirklichung mehrerer verschiedener Leistungen ansetzen oder an der Anwendung verschiedener Schutztatbestände für ein und dieselbe Leistung. Diese Aussage können sie gar nicht treffen, da allen immaterialgüterrechtlichen Schutzgesetzen eine kodifizierte Differenzierung von Leistungen und Leistungsergebnissen, ja sogar eine kodifizierte Determination der Leistung selbst, fremd ist.

II.) Bestehende legislative und richterrechtliche Grenzziehungen zwischen den einzelnen Immaterialgütern

Neben der Form der Unberührtheitsklauseln findet sich im legislativen Geflecht der Immaterialgüterrechte eine zweite interessante Form gesetzlicher Regelungsinhalte. Zahlreiche der Immaterialgüterrechtsgesetze versuchen, den Regelungsbereich ihrer Materie durch Abgrenzungsklauseln zu anderen Immaterialgüterrechten zu umreißen. Dort wo diese Abgrenzung nicht gesetzlich niedergelegt ist, existieren ergänzend Versuche der Rechtsprechung, derartige Abgrenzungen vorzunehmen. Es gilt einleitend festzustellen, dass diese legislative Abgrenzung nicht mit einem Mehrfachschutzverbot gleichzusetzen ist, da es hier zunächst lediglich um die Bestimmung des gesetzlich definierten Schutzgegenstandes geht, nicht um den Ausschluss einer eventuellen Koexistenz mehrerer Schutzgegenstände. Dennoch hat die legislative Abgrenzung der Schutzgegenstände für den Mehrfachschutz dort elementare Bedeutung, wo sie sich derart verengt, dass die Erlangung eines bestimmten Arbeitsergebnisses unter bestimmten Voraussetzungen die Erlangung des Schutzes für ein möglicherweise parallel erlangtes Arbeitsergebnis durch die legislative Grenzziehung Kraft ihres Wortlautes oder Kraft richterlicher Aus gestaltung ausschließt. Obwohl die Ausschließlichkeitsschranke also durch die erfolgende Leistungszuordnung eine doppelte Schutzerlangung hindert, schließt dies real nicht aus, dass die Leistungen zweier Immaterialgüter, die durch die Ausschließlichkeitsschwelle getrennt werden, dennoch parallel bedingt oder unabhängig voneinander verwirklicht werden. Zunächst ergeben sich hinsichtlich der Abgrenzung bestimmte Fragen. Erstens: Was spricht für den Zwang der Zuordnung eines Arbeitsergebnisses zu der ein oder anderen Schutzmöglichkeit? Zweitens: Wie erfolgt die Umsetzung der Angrenzung im deutschen Immaterialgütersystem?

1.) Gründe für Notwendigkeit einer Abgrenzung
Haase hat diese Problematik im Rahmen der Diskussion der besonderen Zuordnungsprobleme des Gutes „Software“ aufgegriffen. Nach Haase rechtfertigt der hybride Charakter eines Computerprogramms - wie auch im Rahmen dieser Arbeit bereits ausführlich dargelegt -, bedingt durch sowohl expressive als auch funktionale Bestandteile, einerseits die Subsumtion unter mehrere Schutzrechte, stellt aber zugleich einen Hinderungsgrund für eine zweifelsfreie Zuordnung dar.