Die Lebensgeschichte einer Wiener Dirne, erzählt von ihr selbst

von: Josephine Mutzenbacher

OTB eBook publishing, 2015

ISBN: 9783956765933 , 152 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 1,99 EUR

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Die Lebensgeschichte einer Wiener Dirne, erzählt von ihr selbst


 

Die Kirche war voll Kinder, und es wurde an drei Beichtstühlen gebeichtet. Ich kam zu einem ältlichen fetten Kooperator mit einem großen runden Gesicht. Ich kannte ihn nur vom Sehen, und er schien mir nachsichtig zu sein, weil er immer so freundliche Miene machte.

Zuerst beichtete ich meine kleinen Sünden. Doch er unterbrach mich mit der Frage: "Hast vielleicht gar Unkeuschheit getrieben?"

Zitternd sprach ich: "Ja."

Er legte seine harten Wangen dicht an das Gitter und fragte: "Mit wem?"

"Mit dem Franzl."

"Wer ist das?"

"Mein Bruder."

"Dein Bruder? So! So! Und vielleicht noch mit wem?"

"Ja"

"Also?"

"Mit dem Herrn Horak."

"Wer ist das?"

"Der Bierversilberer in unserm Haus."

"Mit wem noch?" Seine Stimme bebte.

Ich mußte das ganze Namenregister herzählen.

Er rührte sich nicht, als ich fertig war. Nach einer Pause fragte er: "Wie hast du Unkeuschheit getrieben?"

Ich wußte nicht, was ich antworten sollte. Da herrschte er mich an: "Also wie habt ihr's denn gemacht?"

"Mit..., na... ", ich stotterte, "mit dem, was ich zwischen den Füßen..."

Er schüttelte den Kopf: "Habt ihr gevögelt?"

Mir kam das Wort aus seinem Munde merkwürdig vor, aber ich sagte: "Ja."

"Und hast du's auch in den Mund genommen?"

"Ja."

"Und hast du dir's auch in den Arsch stecken lassen?"

"Ja."

Er schnaufte und seufzte und sagte: "Ach Gott, ach Gott, mein Kind ..., Todsünden ..., Todsünden ..."

Ich war ganz weg vor Angst. Er aber meinte: "Da muß ich alles wissen, hörst du? Alles!" Nach einer Weile fuhr er fort. "Das wird aber eine lange Beichte werden ..., und die andern Kinder warten ..., bleibt nix übrig, als daß du extra beichten kommst, verstehst?"

"Ja, Hochwürden", stammelte ich.

"Gleich nachmittags, so um zwei, kommst zu mir."

Ich verließ verzweifelt den Beichtstuhl. "Bis dahin", sagte mir der Kooperator Mayer noch zum Schluß, "bis dahin erinnere dich an alles. Denn wenn du nicht alles beichten wirst, hilft dir die Absolution nicht."

Ich schlich beklommenen Herzens nach Hause, setzte mich nieder und dachte krampfhaft nach und ließ mir alles, was ich getan hatte, wieder einfallen. Vor der Beichte im Zimmer des Kooperators hatte ich eine große Angst und fürchtete mich vor der Buße, die er mir auferlegen werde. Als es aber Zeit war und ich gehen mußte, fragte mich mein Bruder Lorenz, wohin ich in dem schönen Kleid wolle, und da sagte ich stolz: "Zum Herrn Kooperator Mayer muß ich, er hat mir's geschafft, daß ich hinkommen soll" Lorenz sah mich mit einem sonderbaren Blick an, und ich ging.

Es war Sommer, aber im großen Pfarrhaus umfing mich eine heilige Kühle und eine Stille, die mir Ehrfurcht einflößte. Ich las an den Türen die Namensschilder und klopfte an die Türe, auf der ›Kooperator Mayer‹ stand. Er öffnete mir selbst. Er war in Hemdsärmeln, und seine schwarze Weste war aufgeknöpft, so daß sein ungeheurer Bauch hervorquoll.

Jetzt, da ich ihn außerhalb des Beichtstuhles zum ersten Male wiedersah und sein dickes, rotes Pfaffengesicht mir Respekt erregte und mir außerdem einfiel, daß er von mir das viele wußte, trieb mir die Beschämung und die Angst das Blut ins Gesicht.

"Gelobt sei Jesus Christus."

"In Ewigkeit, Amen", antwortete er. "Da bist du ja."

Ich küßte seine fleischige, warme Hand, und er versperrte die Tür. Wir traten durch ein kleines dunkles Vorgelaß in sein Zimmer. Es ging auf den Friedhof. Die Fenster standen offen, und die grünen Baumwipfel versperrten jede Aussicht. Das Zimmer war breit und ganz weiß gestrichen. Ein großes Kruzifix hing schwarz an der einen Wand, davor stand ein Betschemel. An der anderen Wand stand ein Eisenbett, eine gesteppte Decke war darüber gebreitet. Ein breiter Schreibtisch nahm die Mitte ein, mit einem riesigen, schwarzledernen Armsessel.

Der Kooperator zog seine Soutane an und knöpfte sich zu.

"Komm", sagte er.

Wir traten an das Betpult, knieten nebeneinander nieder und sprachen ein ›Vaterunser‹.

Dann führte er mich an der Hand zum Großvaterstuhl, setzte sich hinein, und ich stand vor ihm gegen die Schreibtischkante fest angelehnt.

"Na", sagte er, "also ich höre. "

Ich schwieg aber und wußte nicht, wie anfangen vor Verwirrung.

"Also erzähl!"

Ich schwieg noch immer und schaute zu Boden.

"Hörst du!" begann er, faßte mich unterm Kinn und zwang mich, ihm in die Augen zu schauen. "Du weißt, daß du schon gesündigt hast ..., Unkeuschheit ..., eine Todsünde verstehst du ..., und mit dem eigenen Bruder ..., Blutschande..."

Ich hörte das Wort zum ersten Mal, und ohne es zu verstehen, erbebte ich.

Er fuhr fort: "Wer weiß ..., vielleicht bist du ganz verdammt und hast dein Seelenheil schon verwirkt für immer..., wenn ich deine Seele noch retten soll, muß ich alles wissen, ganz genau und du mußt es mit Bußfertigkeit erzählen."

Er sprach mit leiser, stockender Stimme, und das machte einen solchen Eindruck auf mich, daß ich zu weinen anfing.

"Wein nicht", herrschte er mich an.

Ich schluchzte.

Er wurde müder. "Na, wein’ nicht, Kinderl. Vielleicht wird alles gut ..., erzähl nur."

Ich wischte mir die Tränen ab, vermochte aber nichts zu sagen.

"Ja, ja", hub er an, "die Versuchung ist groß ..., und du hast vielleicht gar nicht gewußt, daß das so eine Sünd' ist, was ... ? Gewiß ..., du bist ja noch ein Kind ..., du hast nichts gewußt..., nicht wahr?"

Ich faßte Mut: "Nein, nichts hab' ich gewußt..."

"Na", sprach er, "das ist schon besser ..., bist du nicht dem eigenen Drang gefolgt, sondern verführt worden ..., zum Beispiel?"

Ich erinnerte mich sofort an das erste ›Vater-und-Mutter-Spiel‹ und beteuerte lebhaft: "Ja, Hochwürden ..., verleitet bin ich worden ..."

"Hab' mir's gleich gedacht", nickte er mild, "wenn man das da so sichtbar tragt ..., das lockt die Versucher an." Er legte seine Hand leicht auf meine Brust, die schon spitz und hoch unter meiner Bluse hervorstach. Ich spürte die Wärme, die von ihm ausging, und es beruhigte mich, aber mir fiel nichts Arges dabei ein.

"Das ist ein Werk des Satans", fuhr er fort, "daß er einem Kind schon die Brüste eines Weibes gibt...", dabei nahm er meine andere Brust in die zweite Hand und hielt nun beide.

"Aber die Duteln müssen die Weiber verstecken", sprach er weiter, "sie müssen sie unsichtbar machen und schnüren, um die Männer nicht zu reizen. Diese Duteln sind Werkzeuge der Wollust ... Gott hat sie dem Weibe verliehen, damit sie ihre Kinder säugen, aber der Teufel hat ein Spielzeug für die Unkeuschen daraus gemacht, und man muß sie verstecken."

Ich fand nichts dabei, daß er das tat, sondern hörte ihm voll Spannung und Erbauung zu.

"Also, wie ist es gewesen?" fragte er wieder.

Aber wieder war es mir nicht möglich, davon zu reden.

"Gut", meinte er milde, nachdem er eine Weile gewartet hatte, daß ich spreche. "Gut ..., ich sehe ..., dein Herz ist rein ..., und du trägst Scham, von diesen Dingen zu sprechen."

"Ja ..., Hochwürden", stammelte ich begeistert.

"Also", flüsterte er, "ich werde dich fragen, und du wirst antworten, oder besser, wenn du nicht sprechen kannst, wirst du mir durch Gebärden zeigen, was du verbrochen hast! Ja?"

"Ich will's, Hochwürden", versprach ich dankbar, nahm seine Hand von meiner Brust und küßte sie inbrünstig.

"Ich muß", erläuterte er weiter, "alle Grade und Arten der Unkeuschheit kennen, die du begangen hast. Also beginne. Hast du den Schweif in den Mund genommen?"

Ich nickte.

"Oft?"

Ich nickte wieder.

"Und was hast du mit ihm gemacht, der Reihe nach?"

Ich schaute ihn ratlos an.

"Hast du mit der Hand gespielt damit?"

Ich nickte wieder.

"Wie hast du gespielt?"

Ich stand da, ohne zu wissen, was ich sagen oder tun sollte.

"Zeig mir genau", flüsterte er, "wie du's gemacht hast."

Meine Ratlosigkeit stieg auf ihren Gipfel.

Er lächelte salbungsvoll: "Nimm nur meinen Schweif", sagte er, "an dem geweihten Priester ist alles rein ..., nichts an ihm ist Sünde ..., und nichts an ihm ist sündig."

Ich war sehr erschrocken und rührte mich nicht.

Er faßte mich bei der Hand und flüsterte weiter: "Nimm nur mein Glied und zeige mir all deine Sünden. Ich leihe dir meinen Leib, damit du vor meinem Angesicht beichtest und dich reinigst." Und damit führte er mich an sein Hosentürl.

Ich mußte tief unter seinem Bauch greifen und zitterte vor Ehrerbietung dabei. Er knöpfte sich auf, und ein dicker kurzer Schwanz stand aufrecht und steif unter der schwarzen Mauer seiner Hose.

"Wie hast du mit ihm gespielt?" frage er.

Ich war furchtbar verlegen. Aber ich faßte, wenn auch zaghaft, die Nudel, zu der er mich führte, umschloß sie mit der Hand und fuhr zwei-, dreimal schüchtern auf und nieder.

Er machte ein ernstes Gesicht und forschte weiter: "Das war alles? Verheimliche mir jetzt nichts ..., ich sag' es dir..."

Ich fuhr noch ein paarmal hin und her.

"Was hast du noch damit getan?"

Ich erinnerte mich an den Griff Klementines, faßte ihn mit Daumen und Mittelfinger unter der Eichel und tupfte mit dem Zeigefinger die Vorhaut herab.

Er lehnte sich im Großvaterstuhl zurück. "Was hast du noch an verruchten Künsten geübt?"

Ich scheute mich, mehr zu tun, ließ ihn beim...