Kulturmanagement der Zukunft - Perspektiven aus Theorie und Praxis

von: Verena Lewinski-Reuter, Stefan Lüddemann

VS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV), 2008

ISBN: 9783531909158 , 336 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: DRM

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Preis: 35,96 EUR

Mehr zum Inhalt

Kulturmanagement der Zukunft - Perspektiven aus Theorie und Praxis


 

Einleitung

Kulturmanagement – Wege in die Zukunft (S. 7)

Verena Lewinski-Reuter und Stefan Lüddemann

Das Kulturmanagement ist seit knapp zwei Jahrzehnten an deutschen Hochschulen etabliert. In dieser Zeit hat es durch verschiedene Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Kulturschaffende nachhaltige Erfolge in der Praxis erzielen können, indem es zu einer Professionalisierung im gesamten Kulturbereich wesentlich beitrug. Zugleich veränderte es mit dem vertieften Nachdenken über Kultur auch deren gesellschaftliche Einschätzung und half, neue Möglichkeiten der kulturellen Praxis und Vernetzung anzuleiten.

Kulturmanagement entwickelte sich auf zwei parallelen Ebenen und weist entsprechend zwei Bedeutungen auf: Kulturmanagement ist wissenschaftliche Disziplin und Gegenstand kultureller Managementpraxis zugleich. Die Verläufe dieser beiden Stränge bedingen und befruchten sich gegenseitig und stehen folgerichtig in Abhängigkeit. Entsprechend konsolidierte sich die junge Disziplin:

Eingeführte Ausbildungsgänge und ein gesichertes Tableau von Instrumentarien markieren das Ergebnis erster Phasen der Ausformung des Kulturmanagements. Seit seiner Etablierung als Hochschulfach, die in Deutschland mit dem Beginn der neunziger Jahre einsetzt, haben die Vertreter des jungen Faches Curricula entwickelt, in Sammelbänden das Selbstverständnis der neuen Disziplin über den Diskurs von Vertretern aus Kulturtheorie und -praxis organisiert und strukturiert, Einführungen vorgelegt oder den inzwischen erreichten Wissensstand der Disziplin in der Form des Handbuchs zusammengefasst.

Wie sehr sich das Kulturmanagement im Fluss aktueller Veränderungen von Theoriebildung und Praxisformen wandelt und sich deshalb gegen definitorische Festlegungen sperrt, belegt das nach wie vor zentrale Kompendium und Nachschlagewerk der Diszip- lin, das nicht nur den ebenso inoffiziellen wie viel sagenden Titel „Loseblattsammlung" führt, sondern entsprechend auch als Ringbuch mit immer neuen Beiträgen auf tendenziell unabschließbare Fortsetzung hin angelegt ist.

Dass die weiterhin bestehende Uneinheitlichkeit des Kulturmanagements in Theorie und Praxis neue Anstrengungen systematisierender Darstellung herausfordert, belegt ein aktuelles wissenschaftliches Großprojekt, das der jungen Disziplin noch einmal eine erweiterte Gestalt und zugleich schärfere Kontur verleihen dürfte. Sichtbare Erfolge innerhalb der Praxis belegen die hier nur in Umrissen beschriebenen Zugewinne. Zugleich blieben bis heute unübersehbare Defizite in theoretischer Begründung und Kohärenz adaptierter Methoden.

Solche Defizite zeigen den Bedarf auf, dieses interdisziplinäre Feld selbst weiter wissenschaftlich auszugestalten und zu professionalisieren. Das Kulturmanagement ist trotz vielfältiger Anstrengung weiterhin eine „Import"-Disziplin, die ihr Angebot an Instrumentarien und Inhalten aus verschiedenen Fachdisziplinen bezieht. Über solche Interdisziplinarität hinaus bleibt die Substanz des Kulturmanagements teilweise ungreifbar.

Eine Entwicklung des Kulturmanagements kann also nur mittels einer eigenständigen Theoriebildung erfolgen, mit der eine exklusive Kompetenz ausgewiesen werden könnte. Im Sinn der Theorieausbildung stellt sich die Frage: Wie können die divergierenden Bezugsdimensionen des Kulturmanagements in einer einheitlichen Theorieperspektive wenigstens soweit koordiniert werden, dass ein eigenständiger Erkenntnisfortschritt erzielt werden kann? Es gilt, das Kulturmanagement neu als Aufgabe der Integration von Theorie und Praxis zu begreifen.

Vermehrte Anstrengungen der Integration erfordert auch das Faktum, dass im Kulturmanagement weiter evidente Differenzen zwischen kultureller Sinnsetzung und ästhetischem Bildungsanspruch auf der einen Seite sowie ökonomischen Rahmenbedingungen und Handlungsmaximen auf der anderen Seite bestehen. In ihrer praktischen Ausformung sind leitende Begriffe und Themen eines Verständnisses von Kultur als Aufgabe des Managements inzwischen historisch geworden.

Umwegrentabilität, Kultur als Stadtmarketing und regionaler Inwertsetzung – um nur einige Stichworte zu nennen – haben ihren Ausgangspunkt in den achtziger Jahren genommen. Sie markierten einen Paradigmenwandel, der Kultur nicht mehr als Frage der Partizipation, sondern als zentrales Thema der Lebensgestaltung (Erlebniskultur) wie als Gegenstand der „Bewirtschaftung" (Marketingkultur) sichtbar werden ließ.