Trapper Geierschnabel - Karl May´s Gesammelte Werke Band 54

von: Karl May

Karl-May-Verlag, 2012

ISBN: 9783780215543 , 448 Seiten

Format: PDF, ePUB, OL

Kopierschutz: DRM

Windows PC,Mac OSX für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones Online-Lesen für: Windows PC,Mac OSX,Linux

Preis: 9,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Trapper Geierschnabel - Karl May´s Gesammelte Werke Band 54


 

"13. Das Geheimnis der Schwarzwälder Uhr (S. 301-302)

Der Morgen brach an, als die beiden Husarenoberleutnante im Eisenbahnabteil saßen und ihrem Ziel entgegendampften. Während ihrer Unterhaltung zog Platen den Handschuh ab, um Kurt eine Zigarre anzubieten. Dabei fiel die Morgensonne auf einen Ring an seiner Hand und der Widerschein zuckte blitzend in dem kleinen, behaglichen Raum erster Klasse umher. „Welch schöner Ring!“, sagte Kurt. „Er ist gewiss ein altes Erb- und Familienstück?“ „Allerdings“, bejahte Platen. „Aus meiner eigenen Familie stammt er freilich nicht, er ist vielmehr ein Geschenk meines Onkels.“ „Des Bankiers, den du besuchst?“

„Ja, ich leistete ihm einst einen Dienst, der ihm wichtig genug erschien, mir eine kleine Belohnung zu erteilen. Er ist sehr geizig. Geld, was einem Offizier doch stets das allerliebste ist, rückte er nie heraus und so gab er mir den Ring, der zwar höchst wertvoll ist, ihn aber jedenfalls nichts gekostet hat. Willst du ihn betrachten?“ „Ich bitte dich darum.“ Platen zog den Ring vom Finger und gab ihn Kurt, der ihn einer genauen Untersuchung unterwarf und die Steine in alle Richtungen hin spielen ließ.

„Das ist keine neue Arbeit“, sagte er endlich. „Auch keine deutsche. Ich bin überhaupt sehr im Zweifel, wie ich diese Arbeit unterbringen soll.“ „Ich halte sie für mexikanisch.“ „Ich auch. Aber wie sollte Onkel Wallner zu diesem Stein kommen? Seine Familie hat niemals Verbindung mit Mexiko oder Spanien gehabt.“ „Oh, was das betrifft, so kann ein Bankier leicht in den Besitz eines solchen Gegenstandes gelangen“, meinte Kurt, indem er dem Kameraden den Ring zurückgab. „Ich wäre neugierig, zu erfahren, ob es wirklich ein Erbstück, ein verfallenes Pfand oder so etwas Ähnliches ist.“

„Diese Frage kann ich dir genau beantworten. Der Ring ist wirklich ein Familienstück. Der Onkel besitzt noch andere Sachen, mit denen er aber sehr besorgt tut. Er zeigt sie keinem Menschen. Einmal aber habe ich ihn doch überrascht, als ich unerwartet in sein Arbeitszimmer trat. Er hat nämlich außer dem Kontor noch ein Privatarbeitszimmer im Gartenhaus. Dort befindet er sich oft des Nachts und schläft auch dort. Ich trat unvermutet bei ihm ein und sah einige Schmuckgegenstände auf seinem Tisch liegen. Es waren kostbare Ketten, Stirnbänder, Armringe und anderes Geschmeide von fremdartiger Arbeit. Er erschrak sehr und ich musste lachen, dass ich in sein Geheimnis eingedrungen war.“ „In sein Geheimnis?“ „Ja“, meinte Platen sorglos.

„Es hängt nämlich in diesem Arbeitszimmer eine alte Schwarzwälder Uhr an der Wand. Diese hatte er abgenommen und nun sah ich, dass sich hinter ihr ein Loch befand, das durch ein eisernes Türchen verschlossen werden konnte. In diesem Loch schien noch anderes Geschmeide zu liegen, denn ich bemerkte da ein Kästchen, aus dem ein Halsband herabhing.“

„Wie lange ist es her?“ „Schon drei Jahre.“ „So wird er das Geschmeide seit dieser Zeit an einem anderen Ort aufbewahrt haben. Das ist leicht zu denken“, meinte Kurt, indem er sich den Anschein der Gleichgültigkeit zu geben suchte. Innerlich aber hegte er bereits die Vermutung, diese Wertsachen könnten mit den für ihn bestimmten mexikanischen Schätzen zusammenhängen, die auf bisher unaufgeklärte Weise verschwunden waren. Platen bemerkte nicht, welche Aufmerksamkeit Kurt dieser Unterhaltung zollte, und lachte:"