Rasse, Siedlung, deutsches Blut - Das Rasse- und Siedlungshauptamt der SS und die rassenpolitische Neuordnung Europas

von: Isabel Heinemann

Wallstein Verlag, 2013

ISBN: 9783835320499 , 704 Seiten

2. Auflage

Format: PDF, OL

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Preis: 39,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Rasse, Siedlung, deutsches Blut - Das Rasse- und Siedlungshauptamt der SS und die rassenpolitische Neuordnung Europas


 

V. »Völkischer Vorposten« Die »Germanisierung« des Generalgouvernements (S. 357-358)

Der deutsche Angriff auf die Sowjetunion am 22.6.1941 veränderte die Rassen- und Siedlungspolitik der SS auf entscheidende Weise. Die Planer rechneten damit, daß ihnen nach dem erwarteten schnellen Sieg »unermeßliche neue Räume« sowohl als deutsche Siedlungsgebiete als auch als Deportations- und Abschubterrain für die »Unerwünschten« zur Verfügung stehen würden. Gleichzeitig lieferte der Krieg, der als Vernichtungsfeldzug und Rassenkrieg gegen den »jüdischen Bolschewismus« konzipiert war und auch als solcher geführt wurde, die Voraussetzung für die Radikalisierung aller Versuche »ethnischer Neuordnung«.

Nun begannen die SS-Experten, die Deportation und Vernichtung von bis zu 31 Millionen rassisch unerwünschter Menschen als eine durchaus vorstellbare und realisierbare Größe zu betrachten. Vor dem Hintergrund des Krieges gegen die Sowjetunion vollzog sich auch der entscheidende Schritt zur Ermordung der europäischen Juden. Die Massenerschießungen jüdischer Frauen und Kinder durch Einsatzgruppen und Wehrmachtseinheiten machten den Massenmord erst denkbar und erwiesen seine prinzipielle Durchführbarkeit. Für die SS-Siedlungsplanungen bedeutete dies, daß nun an die Stelle der Aussiedlung der Juden, wie man sie zunächst in den annektierten Ostgebieten praktiziert hatte, ihre Ermordung trat.

Diese erfolgte entweder direkt vor Ort oder ganz in der Nähe. Im Warthegau operierte bereits seit 1941 das Vernichtungslager Che∏mno/Kulmhof, in Ostoberschlesien gab es im Vernichtungslager Auschwitz die ersten Tötungsversuche mit Gas, und im Generalgouvernement nahmen im Frühjahr 1942 die Gaswagen-Stationen Be∏zec und Sobibór ihre Tätigkeit auf. Das Lager Treblinka wurde nur kurze Zeit später in Betrieb genommen. Auch an den Siedlungsprojekten der SS in Ostpolen und der Ukraine erwies sich erneut der bereits für Polen und das Protektorat Böhmen und Mähren aufgezeigte Zusammenhang von »Eindeutschung« und Judenmord.

Das SS-Siedlungsprojekt in ZamoÊç im Generalgouvernement begann erst, als alle Juden der Gegend bereits im Zuge der »Aktion Reinhard« umgebracht worden waren. In Shitomir in der Ukraine wurden die Volksdeutschen zusammengesiedelt, nachdem die Massaker der Einsatzgruppen die Gegend »judenfrei« gemacht hatten.2 In den gleichen Zusammenhang gehört der Befund, daß ab 1941/42 alle Pläne zur bevölkerungspolitischen Neuordnung besetzter Gebiete auf einer möglichst breiten »rassenpolitischen Überprüfung« der Bevölkerung beruhten – die zugleich immer die Möglichkeit der Vernichtung der so festgestellten »Minderwertigen« implizierte.